Kryptorchismus - wie erkenne ich die Symptome?

Unter Kryptorchismus versteht man das fehlende Absteigen der Hoden aus der Bauchhöhle in den Hodensack. Kleine Rüden sind am häufigsten von Kryptorchismus betroffen.

INHALT
Anatomie, Ursache und Entstehung Symptome und Komplikationen Diagnose Behandlung Prognose
Anatomie, Ursache und Entstehung

Die Entwicklung der Hoden findet beim männlichen Fötus bereits im Mutterleib statt. Während der Trächtigkeit beginnt der Abstieg der Hoden in Richtung Hodensack. Die Hoden sind mit dem Hodensack durch ein Band verbunden, welches sich unter dem Einfluss männlicher Geschlechtshormone verkürzt und so dafür sorgt, dass die Hoden in den Hodensack absteigen. Zum Zeitpunkt der Geburt liegen die Hoden noch geschützt zwischen Niere und Leistenring in der Bauchhöhle. Innerhalb der ersten sechs bis acht Lebenswochen wandern die Hoden durch den Leistenkanal in den Hodensack. Dieser Vorgang nennt sich „Hodenabstieg“. Der Leistenkanal ist jedoch nur bis zum Alter von ca. sechs Monaten für die Hoden passierbar, ein bis dahin nicht abgestiegener Hoden kann danach nicht mehr in den Hodensack gelangen.

Ein gestörter Hodenabstieg kann verschiedene Auslöser haben, ist jedoch in den meisten Fällen genetisch bedingt. Ein zu enger Leistenkanal, zu große Hoden, ein zu kurzer Samenstrang oder Verklebungen gehören zu den anatomischen Ursachen. Fehlsteuerungen im Gehirn können zu hormonell bedingten Störungen führen.

Es kann ein ein- oder beidseitiger Kryptorchismus vorliegen. Befindet sich der nicht abgestiegene Hoden noch in der Bauchhöhle, spricht man von abdominalem Kryptorchismus. Ist der Hoden bis in den Leistenkanal gelangt, liegt ein inguinaler Kryptorchismus vor. Von einem Wander- oder Pendelhoden spricht man, wenn der Hoden wechselweise in der Bauchhöhle, im Leistenkanal oder im Hodensack liegt.

Symptome und Komplikationen

Erkennbares Leitsymptom ist der äußerlich nicht sichtbare Hoden. Im Fall von beiderseitigem Kryptorchismus sind beide Hoden nicht sicht- oder tastbar. Nicht abgestiegene Hoden produzieren noch Hormone, die Spermienproduktion hingegen läuft nicht mehr korrekt ab. Beidseitig kryptorchide Rüden sind fast ausnahmslos unfruchtbar, während die körperliche und sexuelle Entwicklung bei einseitig kryptorchiden Rüden normal verläuft. Aufgrund der Erblichkeit der Erkrankung sollten jedoch auch einseitig kryptorchide Rüden nicht zur Zucht eingesetzt werden.

Durch die höhere Umgebungstemperatur des in der Bauchhöhle liegenden Hodens steigt das Risiko eines Hodentumors um das 13-fache gegenüber normal abgestiegenen Hoden. Nicht abgestiegene, abdominale Hoden neigen ab einem Alter von etwa neun Jahren zur Entartung, wobei sich gutartige als auch bösartige Tumore entwickeln können, die zum Teil auch Hormone produzieren. Bei inguinal liegenden Hoden besteht kein erhöhtes Risiko, da die Umgebungstemperatur in etwa der im Hodensack entspricht.

Eine weitere mögliche Komplikation ist die Drehung (= Torsion) des in der Bauchhöhle liegenden Hodens mit Strangulation des Samenstranges. Wenn Dünndarmschlingen mit einbezogen werden, kann es zu einem lebensbedrohlichen Darmverschluss kommen.

Diagnose

Bei männlichen Hundewelpen werden im Rahmen der ersten Routine- und Impftermine vom Tierarzt auch immer die Hoden untersucht. Da der normale Abstieg der Hoden erst mit sechs bis acht Wochen beendet ist, empfiehlt es sich jedoch die Untersuchung erst zwischen der sechsten und zwölften Lebenswoche vorzunehmen. Vorher sind die Hoden noch sehr klein und frei beweglich, so dass ein korrekter Abstieg noch nicht beurteilt werden kann. Auch im Hodensack eingelagertes Fett kann durch den Tierarzt leicht mit dem Hoden verwechselt werden.

Ein inguinaler (= im Leistenkanal) liegender Hoden kann gelegentlich vom Tierarzt ertastet werden, ein abdominal (= in der Bauchhöhle) liegender nicht. Mit Hilfe der Ultraschalluntersuchung können sowohl inguinale als abdominale Hoden lokalisiert werden. Der abdominal gelegene Hoden kann mit zunehmendem Alter stark schrumpfen, was das Auffinden des Hodens beim erwachsenen Hund erschwert.

Da die Hormonproduktion in nicht abgestiegenen Hoden normal verläuft, kann durch die Bestimmung des Testosteronspiegels im Blut (= männliches Geschlechtshormon) ein Kryptorchide von einem kastrierten Rüden abgegrenzt werden. Während bei einem kryptorchiden Rüden annähernd vergleichbare Werte wie bei einem intakten Rüden gemessen werden können, sind bei kastrierten Rüden nur noch geringe Mengen an Testosteron im Blut nachweisbar.

Behandlung

Bei Welpen kann bis zum sechsten Monat mit einer Hormontherapie und täglicher Massage versucht werden, den Hodenabstieg zu provozieren. Eine operative Verlagerung von kryptorchiden Hoden sollte nicht durchgeführt werden, da diese unterentwickelt bleiben. Beide Behandlungsmethoden sind jedoch umstritten und zudem aus züchterischer Sicht nicht sinnvoll, da die Hunde aufgrund der Erblichkeit der Erkrankung ohnehin nicht zur Zucht eingesetzt werden sollten.

Die gängigste und erfolgversprechendste Therapie ist die Kastration, das heißt die Entfernung des kryptorchiden Hodens. Bei einseitigem Kryptorchismus kann der gesunde Hoden belassen werden. Mit Hinblick auf die Erblichkeit der Erkrankung sollte jedoch der Samenleiter durchtrennt werden, um eine Fortpflanzung auszuschließen. Dies ist insbesondere deswegen anzuraten, da andere Erbkrankheiten häufig mit dem Kryptorchismus vergesellschaftet sind. Die Kastration muss nicht bereits im Welpenalter stattfinden, sollte jedoch auch nicht zu spät erfolgen, um einer etwaigen Tumorentwicklung entgegenzuwirken. Bei inguinalem Kryptorchismus muss nicht zwingend kastriert werden, diese Hunde sollten jedoch aus den oben genannten Gründen ebenfalls nicht zur Zucht eingesetzt werden.

Kryptorchismus Operation
Zur Prävention von Hodentumoren sollte die Kastration durchgeführt werden
Prognose

Nach erfolgreicher Entfernung kryptorchider Hoden besteht eine sehr gute Prognose. Ist es bereits zu Komplikationen (Tumor, Hodentorsion) gekommen, kann sich die Heilungschance verschlechtern. Hat ein Tumor bereits metastasiert (= gestreut), ist von einer ungünstigen Prognose auszugehen.