Autoimmunerkrankungen – was passiert im Körper meines Hundes?

Entwickelt der Organismus Antikörper gegen körpereigene Strukturen, spricht man von einer Autoimmunerkrankung. Das Immunsystem bekämpft irrtümlicherweise Teile des eigenen Körpers und schädigt damit bestimmte Funktionen und Organe bis hin zu deren kompletten Zerstörung. Zu den Autoimmunerkrankungen des Hundes zählen einzelne Formen des Pemphigus und des Lupus, die im Folgenden näher erläutert werden sollen. Unterschieden werden die einzelnen Erkrankungen anhand der unterschiedlichen Zielstrukturen im Organismus.

INHALT
Pemphigus-Komplex Lupus-Komplex Allgemeine Prognose
Pemphigus-Komplex

Pemphigus foliaceus

Beim Komplex der Pemphigus Erkrankungen bildet der Körper Abwehrzellen gegen bestimmte Proteine, die die Zellen der Haut miteinander verbinden. Der Pemphigus foliaceus ist die beim Hund am häufigsten auftretende Form des Pemphigus.

Entstehung und Symptome

Durch die Zerstörung der Zellverbindungen entstehen große Pusteln in der Haut, die sich entzünden und im weiteren Verlauf dazu führen, dass sich die obersten Hautschichten lösen und absterben. Es bilden sich großflächige offene Hautwunden, die schlecht heilen und sich leicht infizieren können. Die Symptome sind besonders an Nase, Nasenrücken, Augenumgebung, Ohren und Pfoten meist als Krusten, Schuppen oder Rötungen zu beobachten. Bei schweren Verläufen tritt auch Fieber und Appetitlosigkeit auf.

Diagnose

Das charakteristische klinische Bild erlaubt dem Tierarzt eine erste Verdachtsdiagnose, während die Untersuchung einer Gewebeprobe (Biopsie) oder die Untersuchung von Zellmaterial aus einer eröffneten Pustel in Kombination mit einer Blutprobe Gewissheit bringt und damit eine sichere Diagnose ermöglicht.

Pemphigus vulgaris

Beim Pemphigus vulgaris richten sich die Abwehrreaktionen des Körpers gegen deutlich tiefer in der Haut gelegene Zellverbindungen, was sich im Erscheinungsbild der Krankheit durch erheblich massivere Hautveränderungen zeigt.

Symptome

Zu Beginn der Erkrankung zeigen sich auch bläschenförmige Veränderungen, die jedoch schnell in tiefere Gewebeschädigungen mit geschwürigem Charakter übergehen. Im Unterschied zum Pemphigus foliaceus sind diese Veränderungen nicht nur auf der Haut, sondern auch in der Maulhöhle und an den Übergängen von Haut zu Schleimhaut zu finden. Betroffene Tiere zeigen häufig auch allgemeine Symptome wie Fieber und Appetitlosigkeit.

Bullöses Pemphigoid

Prädisponiert (= besonders anfällig) für diese sehr seltene Form des Pemphigus sind Collies, Shelties und Dobermänner.

Symptome

Die Erkrankung beginnt mit der Bildung kleiner Blasen oder Bläschen, die durch die Zerstörung der tiefer gelegenen Verbindungsstrukturen der Haut entstehen. Dieses Stadium ist allerdings nur von kurzer Dauer und die Erkrankung wird meist erst an hochgradig entzündeten, geschwürigen Hautveränderungen erkannt, die am häufigsten in der Achsel-, der Leistenregion und in der Maulhöhle auftreten. Die Symptome sind schwer von denen des Pemphigus vulgaris zu unterscheiden.

Pemphigus erytemathosus

Entstehung und Ursachen

Auslöser dieser Pemphigus-Form, die vermutlich eine gutartige oder Frühform des Pemphigus foliaceus oder des systemischen Lupus ist, können bei entsprechender genetischer Prädisposition Medikamente, Viren oder UV-Licht sein.

Symptome

Die Überreaktion des Immunsystems richtet sich hier vor allem gegen Zellverbindungen im Bereich der Haut-Schleimhautübergänge wie etwa an Nase, Augen, Lefzen, After, Scheide und Vorhaut. Die Hautveränderungen ähneln denen des Pemphigus foliaceus, das Allgemeinbefinden der betroffenen Hunde ist jedoch nicht gestört.

Behandlung der Pemphigus-Erkrankungen

Zur Behandlung aller Formen des Pemphigus werden Medikamente eingesetzt, die die Überreaktion des Immunsystems unterdrücken und die Entzündung abheilen lassen. Die Zerstörung der obersten Hautschichten führt zu einer erhöhten Empfindlichkeit gegenüber Sonnenlicht, weswegen der Schutz vor starker Sonneneinstrahlung unerlässlicher Bestandteil der Therapie sein muss, um Spätschäden vorzubeugen.

Mikroskopisches Bild eines Pemphigus
Mikroskopische Aufnahme einer Hautläsion durch eine Pemphigus Erkrankung
Lupus-Komplex

Systemischer Lupus erythematodes

Im Gegensatz zu den Pemphigus-Erkrankungen greifen die Lupus-Erkrankungen statt der Zellverbindungen die Zellkerne an.

Ursache und Entstehung 

Der systemische Lupus erythematodes kann durch viele verschiedene Krankheiten, physikalische Einwirkungen und Medikamente ausgelöst oder begünstigt werden. Die Abwehrreaktion des Körpers richtet sich in diesem Fall gegen verschiedenste Zellen sämtlicher Organsysteme und Gewebe des Körpers.

Symptome

Die Erkrankung zeigt sich je nach Lokalisation der Abwehrreaktion durch vielfältige, zum Teil schwerwiegende Haut- aber auch Organsymptome. Neben den in den meisten Fällen auftretenden Rötungen und geschwürigen Hautveränderungen an Kopf und Gliedmaßen kommt es beim systemischen Lupus häufig auch zu Abgeschlagenheit, Fieber, Gelenk- und Muskelschmerzen oder Müdigkeit. Die Erkrankung kann unbehandelt schnell zum Tod führen.

Diagnose

Die Vielzahl der möglichen Organ- und Hautsymptome machen eine Diagnosestellung nicht leicht. Die Untersuchung von Gewebeproben und der Nachweis von gebildeten Auto-Antikörper im Blut sind unerlässlich, um alle möglichen Differentialdiagnosen (= Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen) auszuschließen.

Diskoider Lupus erythematodes

Der diskoide Lupus erythematodes beschreibt die gutartige Form des Lupus, die sich nur auf bestimmte Areale der Haut beschränkt. Er kommt beim Hund relativ häufig vor, wobei die Rassen Schäferhund, Husky, Collie und Sheltie besonders betroffen sind.

Symptome

Erste bemerkbare Symptome sind meist Pigmentverluste, Rötungen und Ulzeration (= Geschwürbildung) im Bereich des Nasenspiegels, seltener auch an Lippen, Augenlidern und Ohren. Die Veränderungen heilen zum Teil spontan wieder ab, bleiben jedoch sehr empfindlich und können schnell wieder aufreißen und bluten. UV-Licht und Sekundärinfektionen können zu einer erheblichen Verschlechterung der Symptome führen.

Diagnose

Auch hier ist eine Biopsie notwendig, um eine eindeutige Diagnose zu stellen und andere Haut- und Autoimmunerkrankungen auszuschließen.

Behandlung der Lupus-Erkrankungen

Erkrankte Tiere müssen zusätzlich aufgrund der großflächigen Depigmentierungen konsequent gegen starke Sonneneinstrahlung geschützt werden. Dies kann durch Verabreichung von speziellen Vitaminen und Eincremen der gefährdeten Stellen mit UV-Schutz-Salben erreicht werden.


Allgemeine Prognose

Bei allen autoimmunbedingten Hauterkrankungen muss immer von einer vorsichtigen Prognose ausgegangen werden. Der Pemphigus foliaceus hat unter allen Lupus und Pemphigus Formen die günstigste Prognose. Je tiefer die Haut geschädigt ist, desto gravierender ist die Verlaufsform. Für einen mit entsprechenden Medikamenten eingestellten Hund bestehen jedoch meist gute Chancen mit der Erkrankung zu leben. Die Behandlung muss allerdings meist lebenslang durchgeführt werden.