Widerristfistel - warum ein gutsitzender Sattel so wichtig ist

Unter einer Widerristfistel werden jegliche Erkrankungen am Widerrist des Pferds verstanden, die mit einer Entzündung und Fistelbildung einhergehen.

INHALT
Anatomie Ursache und Entstehung Symptome Diagnose Behandlung Prognose Prophylaxe
Anatomie

Der Widerrist befindet sich zwischen den Schulterblättern und stellt den Übergang von der Hals- zur Brustwirbelsäule des Pferdes dar. Das Nackenband, welches vom Hinterhaupt des Pferdes über die Halswirbelsäule entlang Richtung Pferderücken verläuft, findet hier seinen Ansatz. Der Widerrist setzt sich aus den bis zu 30 cm langen Dornfortsätzen der vorderen Brustwirbelzusammen. Am höchsten Punkt dieser Fortsätze liegt dem Widerrist ein Schleimbeutel auf, der die Bewegungen zwischen Sehnen und Knochen abpuffert.  

Schema Nackenband Pferd
1 Nackenband | 2 Nackenstrang | 3 Nackenplatte | 4 Widerristschleimbeutel | 5 Rückenband | 6 Genickschleimbeutel
Ursache und Entstehung

Die Ursache von Entzündungen im Widerristberiech sind häufig falsch sitzende Sättel oder Fahrgeschirre, die zu einer dauerhaften Reizung des Schleimbeutels führen. Durch kleinste Wunden, Quetschungen oder Stiche können sich diese Entzündungen schließlich infizieren und zur Abszess- oder Fistelbildung führen. Je nach Lage der Fistel kann es bei längerem Bestehen zu Nekrosen (= Absterben von Gewebe) des Nackenbandes, der Faszien (= Bindegewebe), der Knorpelkappen und knöchernen Enden der Dornfortsätze kommen.

Symptome

Zu Beginn der Erkrankung ist meist nur eine leichte Schwellung in der Widerristgegend zu beobachten. In einigen Fällen zeichnen sich die Lymphgefäßstränge kreisförmig auf der umliegenden Haut ab. Im weiteren Verlauf kann sich aus seitlich am Widerrist gelegenen Fistelöffnungen eitriges Sekret entleeren, das an der Brustwand herabläuft. Haarausfall und nässende Hautentzündungen sind die Folge. Die betroffenen Pferde zeigen deutliche Schmerzen im Bereich der Entzündung sowie Schwierigkeiten beim Vorführen der Vordergliedmaßen.

Diagnose

Die Diagnose ist für den Tierarzt in den meisten Fällen schon anhand der klinischen Symptome und deinem Vorbericht zu stellen. Durch Sondierung des Fistelkanals erhält der Tierarzt einen ersten Eindruck vom Ausmaß und der Lage der Fistel.

Um jedoch die genaue Lage und den Verlauf einer Fistel zu bestimmen, ist eine Füllung der Fistel mit Kontrastmittel mit nachfolgender Röntgenuntersuchung notwendig. Im Röntgenbild kann zudem festgestellt werden, ob bereits knöcherne Strukturen in Mitleidenschaft gezogen wurden.

Behandlung

Die Behandlung richtet sich nach Ausmaß und Schweregrad der Erkrankung. Meist wird eine lokale Spül- und Reinigungsbehandlungen mit der allgemeinen Gabe hochdosierter Antibiotika kombiniert. Um gezielt therapieren zu können, sollte die Wahl des richtigen Antibiotikums nach Möglichkeit durch ein Antibiogramm (= Labortest zur Bestimmung der Empfindlichkeit mikrobieller Krankheitserreger gegenüber Antibiotika) bestimmt werden.

In schwerwiegenden Fällen und solchen, die unter konservativer Therapie nicht abheilen, kann auch ein chirurgisches Vorgehen erforderlich sein. Der Fistelgrund wird dabei durch spezielle Schnitte eröffnet und gereinigt.

Prognose

Die Heilungsaussichten hängen sehr stark vom Ausmaß der Erkrankung und dem Zeitpunkt der Diagnose ab. Oberflächliche Fisteln mit nur geringgradigen Gewebeveränderungen heilen unter konsequenter und intensiver Behandlung meistens ab, wohingegen tiefer liegende Fisteln mit Beteiligung der Faszien (= bindegewebige Hülle) oder Taschenbildung auch nach intensiver, monatelanger Behandlung häufig nicht vollständig abheilen.

Kommt es zu einer Abschwemmung der Eiter-Erreger mit dem Blut, können lebensbedrohliche Allgemeininfektionen und weitreichende Organschäden (z.B. Lungenentzündungen) die Prognose weiter verschlechtern.

Prophylaxe

Die Widerristfistel tritt heutzutage dank einem deutlich erhöhten Bewusstsein für die Wichtigkeit eines gutsitzenden Sattels oder Kutschgeschirrs wesentlich seltener auf als in der Vergangenheit. Lass den Sitz deines Sattels oder deines Geschirres regelmäßig durch einen Spezialisten kontrollieren, um zu verhindern, dass es zu Druck- oder Scheuerstellen im Bereich des Widerrists kommt. Im Fall offener Wunden oder Stichen im Bereich des Widerrists ist es empfehlenswert, für eine gewisse Zeit auf Sattel, Longiergurt oder Geschirr zu verzichten, damit keine zusätzliche Reizung entsteht und Verletzungen komplikationslos abheilen können.