Verletztes, krankes oder verwaistes Wildtier gefunden - was nun

Immer wieder finden Menschen verletzte, vermeintlich kranke oder verwaiste Wildtiere im Garten, in der Stadt oder der Natur auf. Dies ist insbesondere in den Frühjahrs- und Sommer-Monaten der Fall. Doch ist das Tier tatsächlich hilfebedürftig? Auch Verkehrsunfälle mit Wildtieren kommen im ländlichen Raum immer wieder vor. Aber wie verhalte ich mich richtig? Hier findest du die wichtigsten Informationen dazu.

INHALT
Ist Hilfe nötig Wie handele ich richtig In Städten häufig aufgefundene Wildtiere Wer bezahlt eine tierärztliche Behandlung Wildunfall
Ist Hilfe nötig

Grundsätzlich brauchen nicht alle reglos aufgefundenen Wildtiere auch Hilfe. Besonders Jung-Vögel, -Igel, -Feldhasen oder Rehkitze sind häufig lange Zeit ohne Elterntiere, wenn diese sich auf Nahrungssuche befinden. Hast du den Eindruck, dass es sich um ein Nest eines Wildtieres handelt, fasse nichts an. Beobachte das Nest aus sicherer Entfernung, es sei denn, du erkennst sofort, dass ein Tier akut gefährdet ist. Frage im Zweifelsfall telefonisch bei einer Wildtier-Auffangstation nach, ob in dem konkreten Fall ein Eingreifen wirklich notwendig ist.

Wie handele ich richtig

Versorge ein verwaistes oder verletztes Wildtier als Laie nicht selbst. Nimm es auch nicht ohne Rücksprache mit. Wende dich hierzu an die örtliche untere Naturschutz-Behörde, eine nahgelegene Wildtier-Auffangstation, die zuständige Polizei-Dienststelle oder den lokalen Tierschutz-Verein. Diese beraten dich im konkreten Fall, was zu tun ist. Viele heimische Wildtierarten unterliegen zudem dem Jagd-Recht. Es gilt als Wilderei, wenn du ein Wildtier ohne Zustimmung aus dem Jagd-Revier mitnimmst.

In Städten häufig aufgefundene Wildtiere

Igel – Tier des Jahres 2024

In Deutschland steht der Igel auf der "Vorwarnliste" der Roten Liste der gefährdeten Säugetiere. Er ist 2024 zum Tier des Jahres gewählt worden. Er hat seinen Lebensraum, verdrängt durch intensive Landwirtschaft, zu 90% in die Städte verlegt. Hier ist er vielen Verletzungsgefahren ausgesetzt, neben denen des Straßenverkehrs beispielsweise auch durch Mähroboter, Mäusefallen oder Garten-Chemikalien. Der Igel ist nach der Bundesartenschutz-Verordnung besonders geschützt. Daher darfst du ihn nur zur vorübergehenden, sachkundigen Pflege aufnehmen.

In diesen Fällen benötigen Igel Hilfe:

  • Verletzungen
  • Untergewicht, erkennbar an der eingefallenen Flanke und dem Hungerknick im Nacken
  • Befall mit Fliegen-Eiern oder Fliegen-Maden
  • wenn ein Igel-Baby für längere Zeit ohne Muttertier ist (=verwaister Igelsäugling)
  • wenn sie tagsüber umherlaufen, torkeln oder teilnahmslos am Boden liegen (=Krankheitsanzeichen)
  • wenn sie noch bei Dauerfrost und Schnee herumlaufen

Wende dich in diesen Fällen umgehend an eine Igelhilfe, die dich berät und den Igel eventuell aufnimmt. Wärme einen unterkühlten Igel auf, indem du ihn auf eine handwarme Wärmflasche setzt und mit einem Handtuch umhüllst. Der Igelbauch sollte nicht kälter als deine Hand sein. Eine Fütterung oder tierärztliche Behandlung darf erst bei normaler Körpertemperatur erfolgen. Biete Igeln Wasser und Katzen-Nassfutter oder ohne Milch und Gewürze gebratenes Rührei an. Stark abgemagerte Igeln dürfen vorerst nur Wasser trinken. Bringe sie sofort zu einer Igel-Station oder in tierärztliche Behandlung. Wärme einen mit Fliegen-Eiern oder -Maden befallenen Igel nicht auf, da sich die Maden sonst sehr schnell vermehren. Sammele sie zuerst ab und entferne Zecken mit einer Zeckenzange. Als vorübergehende Unterbringung eines Igels kannst du einen Karton von mindestens 100 x 100 cm und einer Höhe von 60 cm nutzen. In diesen stellst du als Nest einen mit kleingerissenem Haushalts- oder Zeitungspapier gefüllten Schuhkarton mit circa 10 x 10 cm Schlupfloch. Die Zimmer-Temperatur sollte ungefähr 20 °C betragen.

Behalte bei Allem im Kopf, dass Igel häufig mit Flöhen befallen sind. Diese springen schnell auf dich und deine eigenen Tiere über.

Jungvögel

Besonders häufig finden Menschen junge Vögel am Wegesrand oder unter Bäumen auf. Nur selten handelt es sich jedoch bei diesen um verlassene Tiere, die deine Hilfe benötigen. Meist handelt es sich um sogenannte Ästlinge. Das sind Jungvögel, die außerhalb ihres Nestes ihre Flugfähigkeit und Nahrungsaufnahme trainieren. Die Eltern versorgen diese aber noch. Beobachte einen vollständig befiederten Jungvogel, der nicht verletzt ist, zunächst vorsichtig aus genügend Entfernung. Warte ab, ob sich ein Elternvogel zeigt. In der Regel versorgen diese ihr Jungtier innerhalb von ein bis zwei Stunden. Sitzt der Vogel auf der Straße, setze ihn vorsichtig auf den nächsten Grünstreifen. Anders als oftmals angenommen, versorgen die Eltern ihren Nachwuchs weiter, auch wenn er vom Menschen angefasst wurde.

Wenn es sich jedoch um einen frisch geschlüpften, kaum befiederten Jungvogel handelt, ist Hilfe nötig. Dieser sogenannte Nestling wird außerhalb des Nestes von den Eltern nicht versorgt. Setze ihn vorsichtig ins Nest zurück, wobei laut Gesetz das Berühren von Nestern brütender Vögel verboten ist. Ist kein Nest ausfindig zu machen, bringe den Vogel zur nächsten Wildtier-Auffangstation oder Vogel-Rettung. Nutze dafür einen mit einem Handtuch ausgepolsterten und mit Luftlöchern versehenen Karton.

Eichhörnchen

Ein Eichhörnchen braucht immer dann Hilfe, wenn es sich leicht einfangen lässt, beziehungsweise schon am Boden liegt. In Not geratene Jungtiere laufen teilweise sogar Menschen hinterher und versuchen an ihnen hochzuklettern. Muttertiere nehmen unterkühlte oder verletzte Junge nicht mehr an. Wickele ein unterkühltes Eichhörnchen-Junges vorsichtig in ein Handtuch und wärme es. Der menschliche Geruch stört die Elterntiere später nicht. Da diese auch verunglückt sein könnten, suche an der Fundstelle nach weiterem betroffenen Nachwuchs. Ein Wurf kann aus bis zu sieben Jungtieren bestehen. Ist das Tier warm und unverletzt, setze es am besten in einem flachen Karton wieder an den Fundort. Beobachte aus einiger Entfernung, ob die Mutter das Jungtier wieder zu sich holt. Achte dabei darauf, dass keine Krähen, Katzen oder Hunde in der Nähe sind. Häufig sind diese Jungtiere aber bereits tagelang unversorgt. Bringe sie schnellstmöglich in eine Wildtier-Auffangstation. Biete ihm vorab Wasser an oder träufele es mit einer Einwegspritze ins Maul. Du darfst auch ein wenig Zucker oder Honig unterrühren. Füttere auf keinen Fall Milch. Transportiere das Eichhörnchen in einem mit Luftlöchern versehenen Karton. Sei vorsichtig, es kann aus Angst auch zubeißen. Ziehe ein Eichhörnchen-Junges auf nicht selbst auf. Um ihr artgemäßes Verhalten zu erlernen, brauchen sie Artgenossen.

Tauben

Stadttauben gelten nicht als Wildtiere, sondern als verwilderte Haustiere. Aufgrund des unzureichenden Angebots an artgerechter Nahrung in der Stadt leiden viele Tauben dort an Unterernährung und Krankheiten. Hinzu kommen häufig schmerzhafte Abschnürungen der Zehen/Füße durch als Nistmaterial verwendete Fäden oder Haare. Weiterhin kommen Verletzungen durch Hängenbleiben in Netzen, Aufspießen auf Tauben-Abwehrspikes und Verkehrsunfälle vor. Findest du eine in Not geratene Taube, setze sie zunächst vorsichtig in einen mit Luftlöchern versehenen Karton. Fäden an den Füßen lassen sich mit einer Nagelschere entfernen, sofern sie nicht zu tief eingewachsen sind. Ist weitere Versorgung nötig, verständige ein Tierheim oder wenn lokal vorhanden eine Tauben-Hilfe.

Findest du eine schwache oder verletzte Brief- oder Rassetaube, lies die Telefonnummer der Zuchtstation auf ihrem Beinring ab. Gelingt dies nicht, findest du auf der Webseite des Verbandes Deutscher Brieftaubenzüchter e.V. Ansprechpartner für deine Region.

Wer bezahlt eine tierärztliche Behandlung

Bringst du ein Tier in eine Tierarztpraxis, sind die Behandlungskosten grundsätzlich vom Auftraggebenden zu tragen. In diesem Moment bist du also dafür verantwortlich. Je nach Tierart und Ort kannst du nachträglich bei der Gemeinde oder Stadt einen Kosten-Erstattungsantrag stellen. Wende dich ansonsten vorab an den örtlichen Tierschutzverein, eine Wildtier-Auffangstation oder die örtliche untere Jagd- oder Naturschutz-Behörde.

Beachte, dass eine Aufnahme von Wildtieren nicht in jeder Praxis möglich ist. Frage also immer vorab telefonisch nach.

Wildunfall

Rufe im Fall eines Verkehrsunfalls, bei dem ein Wildtier verletzt wurde, sofort die Polizei. Diese verständigt die für das Jagd-Revier zuständige Person. Fasse verletzte Wildtiere niemals an, da diese sich wehren könnten. Halte Abstand und versuche das Wild nicht aufzuschrecken. Das angefahrene Wild darfst du vom Unfallort nicht entfernen. Dies gälte jagdrechtlich als Wilderei.