Kreuzbandriss - rechtzeitig zum Tierarzt

Beim Hund reißt wie bei uns Menschen sehr häufig das vordere Kreuzband. Dieses feste Band verbindet im Kniegelenk den Oberschenkelknochen mit dem Schienbein und verhindert ein Überstrecken oder Verdrehen des Knies. Während der Kreuzbandriss beim Menschen jedoch meist traumatischer Natur ist (durch Sportunfälle jeglicher Art), kommt es beim Hund über einen längeren Zeitraum zu einer schrittweisen Auflösung des Bandes (Degeneration).

INHALT
Ursache und Entstehung Symptome Diagnose Behandlung Prognose Prophylaxe
Ursache und Entstehung

Die genauen Ursachen des Kreuzbandrisses sind nach wie vor unbekannt. Aufgrund spezieller Rassedispositionen geht man jedoch davon aus, dass eine genetische Komponente an der Entstehung beteiligt ist. Labrador Retriever, Golden Retriever, Rottweiler, Boxer oder Neufundländer erkranken beispielsweise überdurchschnittlich häufig an einem Kreuzbandriss. Die Tatsache, dass einmal betroffene Hund auch an der anderen Gliedmaße erkranken, spricht für eine genetische Ursache.

In der Mehrzahl der Fälle reißt beim Hund das vordere Kreuzband, was sich dadurch erklärt, dass auf dieses Band aufgrund der Biomechanik des Kniegelenks des Hundes eine permanente Zugkraft einwirkt, die es ausfransen und schließlich reißen lässt. Mit steigender Anzahl gerissener Fasern steigt auch die Instabilität im Kniegelenk, wodurch es oft schon vor dem kompletten Riss zu Arthrose und Meniskus-Schäden kommen kann. Weitere Faktoren wie Übergewicht, ein Ungleichgewicht im Hormonhaushalt oder auch entzündliche Gelenkerkrankungen begünstigen die Entstehung eines Kreuzbandrisses.

Schema Knie Kreuzbandriss
Physiologisch: 1 Oberschenkel | 2 Meniskus-Oberschenkelknochen-Band | 3 Äußerer Meniskus | 4 Äußeres hinteres Schienbeinband | 5 Hinteres Kreuzband | 6 Inneres hinteres Schienbeinband | 7 Wadenbein | 8 Kniescheibe | 9 Gerades Kniescheibenband | 10 Queres Knieband | 11 Innerer Meniskus | 12 Vorderes Kreuzband | 13 Schienbein
Schema Kreuzbandriss
Pathologisch: 1 Oberschenkel | 2 Meniskus-Oberschenkelknochen-Band | 3 Äußerer Meniskus | 4 Äußeres hinteres Schienbeinband | 5 Hinteres Kreuzband | 6 Inneres hinteres Schienbeinband | 7 Wadenbein | 8 Kniescheibe | 9 Gerades Kniescheibenband | 10 Queres Knieband | 11 Innerer Meniskus | 12 Gerissenes vorderes Kreuzband | 13 Schienbein (durch Kreuzbandriss nach vorne verschoben)
Symptome

Häufigstes Merkmal der Erkrankung ist eine Hinterbein-Lahmheit, wobei diese unterschiedlich stark ausgeprägt sein kann. Einige Hunde setzen das erkrankte Bein kaum noch richtig auf, während andere zum Teil nur nach dem Aufstehen lahmen und sich dann „einlaufen“. Hunden mit beidseitigem Kreuzbandriss fällt besonders das Aufstehen schwer und ihr Gangbild ist sehr steif. Im weiteren Verlauf der Erkrankung kann sich die Lahmheit durch die fortschreitende Arthrose und eventuelle Meniskus-Schäden verschlimmern und die Muskulatur am betroffenen Hinterbein zurückbilden.

Bei plötzlich auftretender, hochgradiger oder länger andauernder Lahmheit, deutlichen Schmerzen beim Belasten des Beins oder einer Schwellung des Kniegelenks solltest du deinen Hund umgehend bei einem Tierarzt vorstellen.

Diagnose

Der erfahrene Tierarzt kann anhand eines ausführlichen Vorberichts, der typischen Lahmheit und einer eventuellen Gelenkschwellung eine erste Verdachtsdiagnose stellen. Mit Hilfe eines speziellen, passiven Bewegungstests kann er beweisen, ob das vordere Kreuzband gerissen ist. Dabei versucht er den Unterschenkel bei fixiertem Oberschenkel nach vorne zu schieben. Dieses sogenannte Schubladen-Phänomen funktioniert allerdings nur bei einem vollständig gerissenen Kreuzband. Zu Beginn der Erkrankung oder wenn das Band nur teilweise gerissen ist, lässt sich dieser Test nicht durchführen. Bei fortgeschrittenen Verläufen ist oft bereits eine starke Arthrose im Kniegelenk vorhanden, die die Durchführung des Tests ebenfalls erschweren kann.

Aus diesen Gründen und um den Grad der Arthrose festzustellen, sollten immer auch Röntgenaufnahmen des betroffenen Kniegelenks angefertigt werden. Sie können außerdem dem Ausschluss anderer Erkrankungen und der Operationsplanung dienen. Weitere bildgebende Verfahren wie Ultraschall, CT oder MRT können ebenfalls zum Einsatz kommen.

Um frühzeitig genaue Informationen über die Veränderungen im Gelenk zu erhalten, bietet sich die minimal-invasive Gelenkspiegelung (= Arthroskopie) an, die über den Grad der Arthrose und eventuelle Meniskus-Schäden Auskunft geben kann.

Behandlung

Da es bei einem unbehandelten Kreuzbandriss durch die Instabilität des Gelenkes zu einer fortschreitenden Arthrose kommt, die den betroffenen Hund in seiner Lebensqualität erheblich einschränkt, werden Kreuzbandrisse beim Hund in der Regel chirurgisch versorgt. Die konservative Behandlung eines Kreuzbandrisses wird für Hunde über 10 kg Körpergewicht nicht empfohlen. Kleinere Hunde können mit Hilfe physiotherapeutischer Maßnahmen und entzündungshemmender Schmerzmittel behandelt werden, eine komplette Heilung ist hiermit jedoch nicht zu erwarten.

Bis zum heutigen Wissenstand wurden etwa 50 verschieden Operationstechniken entwickelt, wobei keine eine 100%ige Wiederherstellung der normalen Beweglichkeit ermöglicht. Unterschieden werden Bandersatz-Methoden und Methoden zur Änderung der Biomechanik, die das Kreuzband überflüssig machen.

Bandersatz-Methode

Mit Hilfe verschiedener Ersatz-Bänder aus entweder starken Muskelbündeln, Haut, Sehnen, Faszien oder auch synthetischen Bändern wurde besonders zu Beginn der Kleintierorthopädie versucht, das gerissene Kreuzband zu ersetzen. Diese Technik wird heutzutage nur noch gelegentlich bei kleinen Hunden erfolgreich angewendet, da sie auch eine über mehrere Monate dauernde Heilungs- und Schonungsphase miteinschließt.

Methoden zur Änderung der Biomechanik

Das Ziel dieser Methoden, die erst vor etwa zehn Jahren entwickelt wurden, ist es, die Kraft, die auf das vordere Kreuzband wirkt zu reduzieren oder ganz auszuschalten. Zum einen kann dies durch eine Anhebung des Unterschenkelplateaus oder durch einen Vorschub des vorderen Unterschenkelrandes erreicht werden. Für beide Methoden muss der Knochen geschnitten und neu fixiert werden, was besonderes Fachwissen des Chirurgen und spezielle Ausstattung erfordert.

TPLO

Die Tibial Plateau Leveling Osteotomy (TPLO) beschreibt ein Operationsverfahren, bei dem mit einem runden Schnitt der Unterschenkelknochen durchtrennt und mit speziell dafür vorgesehenen Platten in einem veränderten Winkel wieder verschraubt wird. Die Geometrie des Knies wird damit insoweit verändert, als dass die Zugkräfte, die auf das vordere Kreuzband wirken, aufgehoben werden.

TTA

Durch die Tibial Tuberosity Advancement (TTA) wird ebenfalls die Biomechanik des Kniegelenks durch einen Knochenschnitt verändert, jedoch mit einer weitaus weniger invasiven Operationsmethode als bei der TPLO. Hierbei wird der vordere nicht Gewicht tragende Rand des Unterschenkelknochens durchtrennt, nach vorne verlagert und mit Hilfe spezieller Platten und Schrauben in dieser Position fixiert. Der Ansatzpunkt des Kniescheibenbandes wird dadurch so weit nach vorne verschoben, dass es im rechten Winkel zur Gelenkoberfläche des Schienbeins liegt und damit die Überbeweglichkeit im Kniegelenk einschränkt. Die Dauer dieser Operation ist wesentlich kürzer als bei einer TPLO und eine Eröffnung des Kniegelenks ist während der OP nicht notwendig, was zu einem deutlich niedrigeren Narkose- und Infektionsrisiko führt. Häufig ist der Erfolg dieser Methode bereits ein paar Tage nach der Operation durch die Belastung des Beines zu erkennen.

Sowohl TPLO als auch TTA erfordern eine gute und konsequente Nachsorge über mehrere Wochen, in denen der Hund weder springen, noch rennen oder spielen darf und ausschließlich für kurze Runden an der Leine geführt werden muss, um den Heilungserfolg nicht zu gefährden. Dabei ist die TTA hinsichtlich der früheren Belastbarkeit, des geringeren Narkose- und Komplikationsrisikos und der weniger aufwendigen Operation der TPLO in vielen Bereichen inzwischen überlegen. Nichtsdestotrotz muss im Einzelfall dein Tierarzt entscheiden, welche Methode für deinen Hund am besten geeignet ist.

Der Heilungserfolg sollte ungefähr zwei Monate nach der Operation durch erneute Röntgenaufnahmen kontrolliert werden. Um den Muskelaufbau zu unterstützen können begleitend physiotherapeutische Maßnahmen eingesetzt werden.

Chirurgische Versorgung einer Kreuzbandruptur
Röntgenbild eines Knies nach TTA-Operation
Prognose

Mit Hilfe der modernen Operationstechniken sind die Heilungsaussichten beim Kreuzbandriss inzwischen als sehr gut zu bezeichnen. Operierte Hunde zeigen kaum Einschränkungen ihrer ursprünglichen Beweglichkeit.

Prophylaxe

Die Erblichkeit der Erkrankung macht eine Vorsorge dieser Erkrankung schwierig. Mit einem ausgewogenen Ernährungsprogramm zur Vermeidung von Übergewicht und Mangelernährung kann jedoch ein beachtlicher Beitrag zur Reduzierung des Risikos eines Kreuzbandrisse geleistet werden. Über den petsXL Gesundheitspass kannst du die Gewichtsdaten deines Hundes übersichtlich speichern und kontrollieren. Insbesondere bei großen Hunden und Riesenrassen sollte zudem auf starke Dauerbelastungen wie etwa Fahrrad fahren oder Joggen verzichtet und eine gleichmäßige und regelmäßige Bewegung angestrebt werden.