Woran erkenne ich, dass mein Pferd ein Leberproblem hat?

Da die Leber eine sehr hohe Regenerationsfähigkeit und funktionelle Reservekapazität besitzt, verlaufen die meisten Lebererkrankungen beim Pferd zunächst ohne sichtbare Krankheitsanzeichen und werden erst in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert.

INHALT
Anatomie und Aufgabe der Leber Ursache Symptome Diagnose Behandlung Prognose Prophylaxe
Anatomie und Aufgabe der Leber

Die Leber ist die größte Drüse des Pferdes, liegt in der Bauchhöhle zwischen Zwerchfell, Magen und Dickdarm und übernimmt eine zentrale Rolle im Stoffwechsel. Sie ist für die Gallenproduktion, die Produktion von Aminosäuren und Bluteiweißen, die Verstoffwechselung von Nahrungsbestandteilen sowie den Abbau und die Ausscheidung von Giftstoffen, Stoffwechselendprodukten und Medikamenten zuständig.

Schema Bauchorgane Pferd
1 Speiseröhre | 2 Leber | 3 Magen | 4 Dünndarm | 5 Blinddarm | 6 Dickdarm
Ursache

Leberfunktionsstörungen können viele unterschiedliche Auslöser haben, die nicht immer sicher festzustellen sind. Bestimmte pflanzliche (Jakobskreuzkraut, Herbstzeitlose) oder chemische Giftstoffe (Pflanzenschutz- oder Insektenvernichtungsmittel) und Schimmelpilze, die vom Tier über verunreinigtes Futter oder Wasser aufgenommen werden, gehören zu den häufigsten Ursachen einer primären Leberschädigung. Weiterhin können Lebererkrankungen auch durch Parasitenbefall, Infektionen, Tumore, Medikamente oder Störungen des Abwehrsystems entstehen. In vielen Fällen sind Leberschädigungen aber auch nur Folge- oder Begleiterscheinungen anderer zu Grunde liegender Erkrankungen wie beispielsweise einer Infektiösen Anämie, Fohlenlähme oder Blutvergiftung.

Symptome

Wie bereits beschrieben bleibt eine Lebererkrankung lange Zeit symptomlos. Erst ab einer Schädigung von 70 bis 80% des Lebergewebes treten deutliche Krankheitsanzeichen auf. In Anbetracht der vielfältigen Funktionen der Leber können die klinischen Symptome je nach Art und Ausmaß der Schädigung stark variieren.

Ein charakteristisches, trotzdem jedoch nicht immer vorhandenes Symptom der Leberschädigung ist der Ikterus, umgangssprachlich auch als Gelbsucht bezeichnet. Durch die erhöhte Konzentration von Bilirubin, einem Abbauprodukt des roten Blutfarbstoffes Hämoglobin, im Blut kommt es hierbei zu einer Gelbfärbung der Haut, der Schleimhäute und der Bindehaut und Sklera (Lederhaut) der Augen. Häufig zeigen sich bei Funktionsstörungen oder -Einschränkungen der Leber zunächst eher unspezifische Symptome wie Leistungsminderung, Inappetenz, Mattigkeit, Abmagerung, Durchfälle, Verstopfungen oder Koliken. Weniger häufig treten generalisierte Blutungen, erhöhte Photosensibilisierung (= erhöhte abnormale Reaktion der Haut auf ultraviolettes Licht) oder Flüssigkeitsansammlungen wie Bauchwassersucht (= Aszites) und Ödeme auf.

Von einem Hepatoencephalen Syndrom oder einer Leber-Hirn-Störung spricht man, wenn die Leber so stark geschädigt ist, dass sie die im Darm beim Proteinabbau entstehenden Giftstoffe (= Toxine) nicht mehr abbauen kann. Die Giftstoffe reichern sich im Blut an und gelangen über den Kreislauf bis in das zentrale Nervensystem, wo insbesondere Ammoniak durch Schäden an den Nervenzellen diverse neurologische Symptome (Desorientierung, Lethargie, Ataxie, Kopfpressen, permanentes Gähnen, Zwangsbewegungen) und schlimmstenfalls ein sogenanntes Leberkoma hervorrufen kann.

Solltest du eins oder mehrere der oben beschriebenen Anzeichen bei deinem Tier festgestellt haben oder hast du den Verdacht, dass dein Tier an einer Lebererkrankung leiden könnte, stell es bitte zeitnah bei einem Tierarzt vor, auch wenn dir die Symptome noch harmlos vorkommen.

Diagnose

Der Tierarzt wird dein erkranktes Pferd gründlich untersuchen und dich um einen ausführlichen Vorbericht, speziell im Hinblick auf Haltung und Fütterung des Pferdes bitten. Insbesondere Informationen über das Weidemanagement, eventuelle Düngemittel und Giftpflanzen, die Zusammensetzung und Beurteilung des Futters sowie verabreichte Medikamente sind für den Tierarzt von Bedeutung.

Um eine genaue Diagnose stellen zu können, sind jedoch weiterführende Untersuchungen unerlässlich. Über eine Blutuntersuchung werden die Leberenzyme und Gallensäuren im Blut bestimmt, deren Höhe bereits erste Hinweise auf eine Lebererkrankung gibt, jedoch noch keine exakte Diagnose erlaubt. Im Umkehrschluss ist auch ein unauffälliges Blutbild kein Garant für eine gesunde Leber, da Funktionsausfälle bis zu einem bestimmten Grad vom Lebergewebe kompensiert werden.

Auch wenn nur ein Teil des Lebergewebes und der Gallengänge dargestellt werden kann, gehört die Ultraschalluntersuchung der Leber beim Pferd zum wichtigsten diagnostischen Hilfsmittel, da sich die meisten Veränderungen auf das gesamte Lebergewebe erstrecken. Im Ultraschall kann sowohl die Größe als auch die Struktur des Lebergewebes beurteilt werden.

Die Ultraschalluntersuchung dient außerdem als Unterstützung bei der Entnahme einer Gewebeprobe aus der Leber (= Leberbiopsie). Mit Hilfe einer langen Biopsie-Nadel kann unter Ultraschallkontrolle gezielt verändertes Gewebe entnommen und anschließend im Labor untersucht werden. Die unterschiedlichen Zellen geben Auskunft über Art und Ursache der Lebererkrankung.

Behandlung

Oberstes Ziel bei der Behandlung von Lebererkrankung ist, die Ausschaltung der ursächlichen Faktoren, sofern diese bekannt sind. Aufgrund der hohen Regenerationsfähigkeit der Leber beschränken sich die meisten therapeutischen Maßnahmen auf die Schonung und Unterstützung des Organs. Diese als „Leberschutztherapie“ bezeichnete Behandlung kann sowohl entzündungshemmende und Ammoniak-reduzierende Medikamente als auch Vitamine und pflanzliche Produkte zur Unterstützung der Regeneration Leber beinhalten.

Eine wichtige begleitende Maßnahme im Rahmen der Behandlung von Lebererkrankungen stellt das Fütterungsmanagement dar. Rationen für leberkranke Pferde sollten wenig Protein und viele Kohlenhydrate beinhalten. Auf Kraftfutter kann daher fast verzichtet werden, während dem Patienten immer ausreichend Raufutter zur Verfügung stehen sollte.

Prognose

Die meisten Lebererkrankungen haben dank der Regenerationsfähigkeit der Leber eine gute Prognose, sofern sie rechtzeitig entdeckt und behandelt werden. Die äußerst selten vorkommenden tumorösen Erkrankungen der Leber haben eine ungünstige Prognose.

Prophylaxe

Um Lebererkrankungen vorzubeugen ist in erster Linie auf ein optimales Fütterungs- und Haltungsmanagement zu achten. Dabei ist es besonders wichtig, dass die Ration nicht zu protein- und fettreich und insbesondere das Raufutter frei von Giftpflanzen, Schimmelpilzen oder anderen Schadstoffen ist. Regelmäßige tierärztliche Kontroll- und Blutuntersuchungen tragen wesentlich dazu bei, dass bereits geringgradige Veränderungen frühzeitig erkannt, deren Ursache herausgefunden und gegebenenfalls abgestellt werden kann.