Headshaking – Angewohnheit oder Krankheit?

Es ist natürlich, dass dein Pferd gelegentlich mit dem Kopf schlägt, um Insekten abzuwehren oder weil es aufgeregt oder angespannt ist. Unwillkürliches, andauerndes Hoch- und Herunterschlagen des Kopfes ohne ersichtliche Ursache ist jedoch nicht mehr natürlich. Es ist charakteristisch für das Headshaking Syndrom. Im Gegensatz zum Koppen oder Weben stellt das Headshaking Syndrom meistens keine Verhaltensstörung, sondern eine neurologische Erkrankung dar, die unbedingt tierärztlich abgeklärt werden sollte.

INHALT
Symptome Ursachen Diagnose Behandlung Prognose
Symptome

In den meisten Fällen entwickelt sich die Krankheit schleichend und wird daher auch nicht immer sofort erkannt. Beginn kann eine Überempfindlichkeit im Bereich von Kopf und Nüstern festgestellt werden, was dazu führt, dass die Tiere versuchen, ihren Kopf oder die Nase an Wand, Boden oder Vorderbeinen zu reiben. Betroffene Pferde beginnen über das normale Maß hinaus plötzlich ruckartig mit dem Kopf zu schlagen. Die Bewegungen des Kopfes können dabei horizontal, vertikal oder kreisend sein. Die Symptome sind von Pferd zu Pferd sehr unterschiedlich ausgeprägt und führen zum Teil so weit, dass normales Reiten nicht mehr möglich ist. Die Pferde werden durch das Kopfschlagen abgelenkt, gestresst und können damit sich selbst, den Reiter und auch die Umwelt gefährden. Hinzukommen können weitere Begleitsymptome wie übermäßiges Niesen, Schnauben, Lethargie, Nervosität, mangelnde Konzentration und Gewichtsverlust. Die Symptome treten vermehrt im Frühjahr und Sommer auf und können durch Sonnenlicht ausgelöst oder verstärkt werden (=Photosensibilität).

Ursachen

Nach wie vor sind nicht alle Ursachen der Erkrankung vollends erforscht. Das Headshaking Syndrom wird daher in zwei Formen unterteilt. Zum einen spricht man vom symptomatischen Headshaking, wenn eine erklärbare Ursache vorliegt. Etwa 70 zu Grunde liegende Erkrankungen oder andere Ursachen sind bisher bekannt, die zu vermehrtem Kopfschlagen führen können. Dazu gehören beispielsweise Zahnprobleme, Augen- oder Ohrerkrankungen, Nasen- oder Nasenebenhöhlen-Veränderungen, Infektionskrankheiten und auch Rücken- oder Rittigkeitsprobleme. Stress, unpassendes Zaumzeug oder schlechte Haltungs- und Futterbedingungen können ebenfalls zum Headshaking führen.

Ist keine erkennbare Ursache bekannt, spricht man vom idiopathischen Headshaking. Neueren Studien zufolge könnte diese Form mit der Trigeminusneuralgie des Menschen verglichen werden. Der Trigeminus ist ein Gehirnnerv, von dem ausgehend Schmerzsignale an das Gehirn weitergeleitet werden. Der Nerv verläuft über den seitlichen Kopfbereich des Pferdes und versorgt mit seinen drei Anteilen einen Großteil des gesamten Kopfes. Es wird vermutet, dass ein nahe am Nerven entlanglaufendes Gefäß zur Reizung des Trigeminus führt. Die daraus entstehende Überempfindlichkeit führt dazu, dass die Reizschwelle stark herabgesetzt ist und bereits minimale, normalerweise nicht zu einer Reaktion führende Stimulationen eine extreme Reizung des Nervens hervorrufen können. Diese wird dann vom Gehirn als Schmerzsignal empfunden.

Schema Pferdekopf mit Nerven
1 Verzweigungen des Oberkiefernervs | 2 Verzweigungen des Sehnervs | 3 Verzweigungen des Unterkiefernervs
Diagnose

Nicht zuletzt wegen der Vielfalt an verschiedenen Ursachen ist eine gründliche tierärztliche Untersuchung in allen Fällen von Headshaking dringend anzuraten.

Neben einer eingehenden allgemeinen Untersuchung wird der Tierarzt spezielles Augenmerk auf die Untersuchung des Kopfes legen. Zur Untersuchung eines Headshakers sollte immer auch ein großes Blutbild inklusive aller möglichen Test auf neurologische Infektionskrankheiten, wie beispielsweise Herpesvirus, Borna oder Borreliose, erfolgen. Je nach Art und Ausprägung des Syndroms kann auch eine Röntgenuntersuchung des Kopfes sowie eine endoskopische Untersuchung der oberen Luftwege und des Luftsacks sinnvoll sein.

In vielen Fällen des idiopathischen Headshakings kann trotz intensiver Diagnostik keine Ursache gefunden werden. Es ist daher äußerst wichtig, dass der Tierarzt über diese Art des Ausschlussverfahrens etwaige Auslöser besser eingrenzen oder ausschließen kann. Diese gründliche Vorgehensweise kann daher eine Vielzahl an Tests und Untersuchungen beinhalten. Besprich das genaue Vorgehen im Einzelfall bitte immer mit deiner behandelnden Tierarztpraxis.

Behandlung

Durch die Vielzahl an unterschiedlichen, nicht immer leicht zu diagnostizierenden Ursachen ist auch die Behandlung stark abhängig von den im Einzelfall erhobenen Befunden. Liegt im Fall des symptomatischen Headshakings eine Grunderkrankung als Ursache vor, muss diese selbstverständlich behandelt werden.

Beim idiopathischen Headshaking wird aufgrund mangelnder Ursache vorerst das Symptom behandelt. In leichten Fällen kann mit Hilfe eines feinmaschigen Netzes, welches über den Nüstern befestigt wird, Abhilfe geschaffen werden. Erklärt wird der Erfolg dieser Behandlung mit der ständigen mechanischen Reizung durch das Netz, welche den Nerv vor anderen Reizen abschirmt und so zu einer Linderung des Schmerzreizes führt. Dunkle Gesichtsmasken helfen bei stark lichtinduziertem Headshaking.

Eine medikamentöse Therapie mit krampflösenden oder antiallergischen Mitteln kann in einigen Fällen erfolgreich sein. Diese Präparate fallen allerdings meist unter die Liste der Doping-relevanten Medikamente und sind daher für Pferde, die an Turnieren teilnehmen nicht geeignet.

Da etwa 90% aller Headshaker an einer Überempfindlichkeit des Trigeminus-Nerven leiden, haben sich als weitere Behandlungsmethode verschiedene Operations- und Stimulationstechniken zur Behandlung dieser Neuralgie entwickelt. Allerdings gibt es bisher noch keine Operationsmethode, die einen zufrieden stellenden Erfolg ohne Nebenwirkungen verspricht und daher sollten vor der Entscheidung zu einer Operation die jeweiligen Nutzen und Risiken gegeneinander abgewogen werden.

Oft ist auch eine Kombination verschiedener Behandlungsmethoden erforderlich, um betroffenen Pferden ein Stück Lebensqualität zurück geben zu können. Was genau bei deinem Pferd zum Einsatz kommt, besprich bitte in jedem Fall mit deinem Tierarzt.

Prognose

Pferden mit einem symptomatischen Headshaking kann nach erfolgreicher Therapie der auslösenden Erkrankung ein meist beschwerdefreies weiteres Leben ermöglicht werden. Je genauer die Diagnose gestellt wird, desto besser sind die Heilungsaussichten.

Aber auch die Chancen, dass ein Pferd mit der Diagnose des idiopathischen Headshakings wieder geritten werden kann, sind heute bedeutend höher als noch vor ein paar Jahren. Auch wenn die Krankheit in vielen Fällen nicht komplett geheilt werden kann, so ist es doch inzwischen bei vielen Pferden möglich, die Symptome auf ein erträgliches Maß zu reduzieren, das ihnen ein pferdegerechtes Leben ermöglicht.