Gebisslos Reiten – Vor- und Nachteile

Gebissloses Reiten bedeutet ganz einfach Reiten ohne ein Gebiss im Pferdemaul. Es gibt verschiedenste Gründe und ebenso viele Varianten, ein Pferd gebisslos zu reiten. Natürlich bestehen neben den Vorteilen immer auch Nachteile. Überlege dir vorab, welche gebisslose Zäumung zu dir, deinem Pferd und eurer Reitweise passt. Und schließlich macht Übung den Meister.

INHALT
Wie funktioniert‘s Warum gebisslos reiten Vorteile Nachteile Gebisslose Zäumungen
Wie funktioniert‘s

Beim gebisslosen Reiten ist die Einwirkung und Hilfengebung im Gegensatz zum Reiten mit Gebiss (siehe Artikel Trensengebisse) etwas verlagert. Die Zügelhilfe wirkt anstatt auf das Maul vermehrt auf den Nasenrücken und das Genick des Pferdes. Die reiterliche Einwirkung erreichst du außerdem insgesamt weniger über die Zügelhilfen und dafür mehr über die Gewichts- und Schenkelhilfen.

Warum gebisslos reiten

Gebissloses Reiten kommt zum einen in der Jungpferde-Ausbildung zum Einsatz. Das Pferdemaul soll so lange wie möglich sensibel bleiben. Weitere Gründe sind zeitweilige oder auch dauerhafte Probleme im Maul, mit den Zähnen, dem Zahnfleisch oder der Zunge. Es kann auch zu wenig Platz für ein Gebiss im Maul sein. Ein weiterer Grund für gebissloses Reiten sind Anlehnungsprobleme, wenn das Pferd nicht an das Gebiss herantreten will oder sich darauf festbeißt. Überprüfe und durchdenke aber immer zuerst deine Reitweise, bevor du versuchst, Probleme mit einer alternativen Zäumung zu lösen. Zwischenzeitlich einmal gebisslos zu reiten gibt dir ein direktes Feedback zur Qualität deiner Hilfen und der Ausbildung deines Pferdes.

Vorteile

Dein Pferd hat keinen Fremdkörper im Maul, der eventuell Druck ausübt. Richtig gemacht, handelt es sich um eine sanfte Reitweise.

Da die Gewichts- und Schenkelhilfen mehr an Gewicht bekommen, schult gebissloses Reiten die Unabhängigkeit vom Zügel. Diese ist, ob mit oder ohne Gebiss, reiterliches Ziel.

Nachteile

Auch mit einem gebisslosen Zaum kannst du zu viel Druck ausüben. Dieser wirkt nur an anderer Stelle als mit Gebiss, nämlich auf Nasenbein, Unterkiefer und Genick. Das Nasenbein kann bei zu viel Druck im schlimmsten Fall sogar brechen. Im Genick kann der Schleimbeutel gereizt werden und dadurch eine Genickbeule (siehe entsprechender Artikel) entstehen.

Um gebisslos zu reiten, musst du schon in der Lage sein, deinem Pferd genaue Gewichts- und Schenkelhilfen zu geben. Auch das Durchparieren will mit einer sanfteren, gebisslosen Zäumung sicher geübt sein, um Unfälle zu vermeiden. Außerdem sind Biegung, Stellung und Versammlung schwieriger herzustellen.

Im Turniersport ist die gebisslose Zäumung nach LPO (=Leistungsprüfungsordnung der FN) in der Dressur nicht erlaubt. Spring-Prüfungen darfst du erst ab der Klasse M** gebisslos reiten.

Achte auch darauf, dass deine Pferde-Haftpflicht-Versicherung gebissloses Reiten mit einschließt.

Gebisslose Zäumungen

Das Bosal ist geschichtlich ein schon sehr alter Zaum und wird hauptsächlich in der Western-Reiterei eingesetzt. Es besteht aus einem Nasenriemen (=Bosal), einem Genickriemen (=Bosalhanger) und den Zügeln (=Mecate). Diese sind beide unterhalb des Unterkiefers am Bosal, nicht seitlich befestigt. Die Wirkung erfolgt vor allem auf den Nasenrücken, aber auch über das seitliche Anlegen der Zügel am Hals.

Beim Sidepull (siehe Foto) sind die Zügel an seitlich beweglichen Ringen befestigt, so dass eine gute Lenkung möglich ist. Es ist wie ein enger anliegendes Halfter aufgebaut und wirkt über den Nasenrücken. Sidepulls werden beim Western- und Geländereiten sowie in der Dressurarbeit eingesetzt.

Das Bitless Bridle ähnelt dem Sidepull. Es kreuzen sich jedoch die Kehlriemen unter dem Pferdekopf. Diese werden dann durch seitliche Ringe geführt und mit den Zügeln verbunden. Dadurch bewirkt der Zug an einem Zügel Druck auf der anderen Kopfseite des Pferdes. So wirkt das Bitless Bridle auf Kinn beziehungsweise Kiefer, Ganasche, Nasenrücken und auf das Genick. Die Umstellung des Reiters und Pferdes auf diese überkreuzte Art der Hilfengebung, die dazu etwas zeitverzögert ankommt, benötigt meist eine Weile.

Beim Glücksrad / LG-Zaum werden die Zügel an jeder Seite an Ringen verschnallt. Diese Ringe haben Speichen wie ein Wagenrad und sind außerdem mit dem Nasenriemen, Kinnriemen und Backenstück verbunden. Der Druck wirkt demnach auf den Nasenrücken und das Genick. Je nachdem wie weit vorne die Zügel eingeschnallt werden, ist die Hebelwirkung bei Zügelanzug größer.

Das Hackamore ist in seiner Wirkung der Kandare ähnlich. Die hebelartigen Anzüge (=Shanks) üben Druck auf Nasenrücken, Kinn und Genick aus. Je länger die Shanks, desto stärker der Druck. Da sich aber auch schon mit kurzen Anzügen viel Druck ausüben lässt, darf ein Hackamore nur von erfahrenen Reiter:innen genutzt werden. Hackamores werden vor allem in der Springreiterei eingesetzt.

Der Kappzaum wird häufig zum Longieren verwendet. Du kannst ihn aber auch zum Reiten nutzen. Die seitlich auf dem Nasenriemen befestigten Ringe liegen jedoch meistens nicht direkt an der Seite, sondern etwas weiter vorne. So ist eine seitliche Hilfengebung schwieriger als beispielsweise beim Sidepull. Bei manchen Kappzaum-Modellen kann ein Gebiss eingehängt werden, so dass diese wahlweise mit oder ohne Gebiss genutzt werden können.

Mit einem Halsring kannst du auch komplett ohne Kopfzäumung reiten. Stülpe ihn einfach über den Pferdekopf. Seitlich angelegt wirkt er richtungsweisend, vorne am Hals angelegt bremsend.

Gebisslose Zäumungen
1 Bitless Bridle | 2 Glücksrad / LG-Zaum | 3 Hackamore