Die Kastration des Hengstes

Die Kastration des Hengstes gehört zu den häufigsten medizinischen Eingriffen am Pferd und bezeichnet die operative Entfernung der männlichen Geschlechts- oder Keimdrüsen (= Hoden). Es handelt sich hierbei um eine nach dem Tierschutzgesetz erlaubte Amputation. Ein kastrierter Hengst wird als Wallach bezeichnet und ist dauerhaft unfruchtbar.

INHALT
Wann und warum wird kastriert? Operationsmethoden Komplikationen Nachsorge
Wann und warum wird kastriert?

Ein Hengst wird im Schnitt mit 1 bis 1,5 Jahren geschlechtsreif. Ab diesem Zeitpunkt kann er, wenn er nicht ungehindert decken soll, nicht mehr mit Stuten zusammen in der Gruppe stehen. Da nur die wenigsten Hengste gekört und in der Zucht eigesetzt werden, ist die Kastration ab diesem Zeitpunkt die Methode der Wahl, um zu verhindern, dass sich der Hengst fortpflanzt. Die Kastration beeinflusst das Sexual- und Territorialverhalten des Hengstes. Nach Entfernung der Keimdrüsen werden die Tiere infolge des fehlenden Geschlechtshormons Testosteron deutlich ruhiger und umgänglicher und können als Wallach erheblich einfacher gehalten und geritten werden.

Tierärztliche Experten empfehlen die Kastration jedoch erst im Alter von 2,5 bis 3 Jahren durchzuführen, da das Tier zu diesem Zeitpunkt körperlich nahezu komplett entwickelt ist. Befürworter der frühen Kastration führen dagegen an, dass der Leistenspalt mit zunehmendem Alter immer weiter wird und das Komplikationsrisiko damit höher ist.

Insbesondere bei älteren Hengsten können auch medizinische Gründe dazu führen, dass der Hengst kastriert werden muss. Dazu gehören Hodenentzündungen oder -Drehungen, Darmvorfälle, Leistenbrüche oder Tumoren.

Schema männliche Geschlechtsorgane Pferd
1 Samenblasendrüse | 2 Prostata | 3 Harnröhrenzwiebeldrüse | 4 Samenleiterampulle | 5 Samenleiter | 6 Nebenhoden | 7 Hoden
Operationsmethoden

Der Eingriff kann sowohl am stehenden als auch am abgelegten Pferd erfolgen. Da wie bereits erwähnt der Leistenspalt bei älteren Hengsten deutlich breiter ist als bei sehr jungen, wird bei älteren Hengsten grundsätzlich zu einer Kastration im Liegen geraten, um Komplikationen zu vermeiden.

Weiterhin wird zwischen der unbedeckten oder geöffneten und der bedeckten oder geschlossenen Kastration unterschieden. Bei der unbedeckten Kastration wird der sogenannte Scheidenhautfortsatz (= Prozessus vaginalis: Aussackung des Bauchfells) eröffnet, so dass ein direkter Zugang zur Bauchhöhle entsteht. Bei der bedeckten Kastration, die nahezu ausschließlich am abgelegten Hengst vorgenommen werden kann, wird der Scheidenhautfortsatz nicht eröffnet, sondern insgesamt gequetscht und abgebunden, so dass der Zugang zur Bauchhöhle verschlossen ist. Der Hoden wird bei diesem Eingriff mitsamt dem Fortsatz entnommen.

Die unbedeckte Kastration am stehenden Tier kann der Tierarzt im Stall durchführen, sie empfiehlt sich jedoch eher für Junghengste bis zu einem Alter von drei Jahren. Der Vorteil dieser Methode ist, dass keine Allgemeinnarkose notwendig ist und der Hengst bei vollem Bewusstsein bleibt. Er wird lediglich sediert (= mit Medikamenten ruhiggestellt) und im Bereich der Operation wird das Gewebe örtlich betäubt. Auch wenn es sich um eine verhältnismäßig kurze Operation handelt, klärt der Tierarzt den Tierhalter im Voraus über mögliche Risiken auf.

Kastration Hengst
Die Kastration des Hengstes kann sowohl liegend als auch stehend erfolgen
Komplikationen

Bei der Kastration am stehenden Tier besteht trotz Ruhigstellung immer die Gefahr, dass sich das Pferd wehrt oder ablegt. Aufgrund des eröffneten Scheidenhautfortsatzes besteht bei der unbedeckten Kastration die Gefahr, dass es zum Vorfall von Darmschlingen, zu lebensgefährlichen Blutungen aus den Samenstranggefäßen oder zu aufsteigenden Infektionen kommen kann, die schlimmstenfalls zu einer Samenstrangfistel oder zu einer Bauchfellentzündung führen können. Um diese Risiken zu umgehen, sollten die Gefäße sicher abgebunden und die Kastrationswunde verschlossen werden, was jedoch ausschließlich am in Vollnarkose abgelegten Pferd durchzuführen ist. Bei der bedeckten Kastration besteht bei erwachsenen Hengsten aufgrund des größeren Umfangs des Scheidenhautfortsatzes ein erhöhtes Blutungsrisiko. Dazu kommen die allgemeinen Risiken einer Vollnarkose und dem damit verbundenen Ablegen des Pferdes, wie etwa Kreislaufstörungen, Durchblutungsstörungen und Verletzungen in der Aufstehphase.

Nachsorge

Die ersten 24 Stunden nach der Operation muss das Pferd engmaschig überwacht werden, um eventuelle Netz- oder Dünndarmvorfälle oder anhaltende Blutungen frühzeitig zu erkennen. Je nach den örtlichen Gegebenheiten muss entschieden werden, ob das im Stall kastrierte Pferd entweder aufgestallt oder auf der Weide gehalten wird. Die Überwachung im Stall ist erheblich einfacher, aktive Bewegung verhindert jedoch, dass es zu Verklebungen und Ödemen im Bereich der Operationswunde kommt.