Der Lebershunt (Portosystemischer Shunt = PSS) - die schleichende Vergiftung rechtzeitig erkennen

Bei dieser Erkrankung handelt es sich um eine meist angeborene Gefäßmissbildung der Leber, die erstmals 1949 beschrieben wurde. Der „Shunt“ ist ein Verbindungsgefäß, welches das aus dem Körperkreislauf kommende Blut an der Leber vorbei direkt in die Hauptvene und damit ungefiltert zum Herzen leitet. Durch die fehlende Entgiftungsleistung der Leber kommt es dadurch zu einer schleichenden inneren Vergiftung des Tieres.

INHALT
Ursache, Entstehung und Einteilung Symptome Diagnose Behandlung Prognose
Ursache, Entstehung und Einteilung

Bei Hund und Katze ist der Lebershunt in der Mehrzahl der Fälle angeboren. Da sich die Erkrankung bei bestimmten Hunderassen häuft, wird eine erbliche Ursache vermutet. Einen sicheren Nachweis gibt es allerdings noch nicht.

Um besser zu verstehen, wie ein Shunt entsteht, soll einmal auf die Gefäßverbindungen und den Blutfluss beim gesunden Tier eingegangen werden. Während der Embryonalphase besteht eine Verbindung zwischen Pfortader und Hauptvene, da die Leber zu diesem Zeitpunkt noch keine Funktion wahrnehmen muss. Der Fötus (= Leibesfrucht nach Ausbildung der Organe) wird über die Nabelgefäße mit bereits gefiltertem mütterlichem Blut versorgt. Normalerweise verkümmert dieses Verbindungsgefäß nach der Geburt und Blut aus dem Körper wird in die Leber geleitet. Kommt es nicht zur Rückbildung dieses Gefäßes oder bilden sich andere Gefäßverbindungen, umgeht das Blut aus dem Körper die Leber, die somit unterversorgt ist und ihre Filterfunktion nicht mehr wahrnehmen kann.

Hinsichtlich der anatomischen Lage werden extra- (außerhalb der Leber liegende) und intra-hepatische (innerhalb der Leber liegende) Lebershunts unterschieden. Bei kleinen Hunderassen kommt es häufiger zum extrahepatischen, bei großen Rassen eher zu intrahepatischen Shunts. Insgesamt treten extrahepatische Shunts jedoch doppelt so häufig auf wie intrahepatische.


Symptome

Ein portosystemischer Shunt kann sich leider sehr unterschiedlich darstellen. Bei einigen Tieren wird ein kleiner Lebershunt manchmal nur ganz zufällig entdeckt, da sie jahrelang ohne erkennbare Symptome leben. Bei anderen wiederum kann es bereits im Welpenalter zu deutlichen Krankheitsanzeichen kommen. Die Symptome können hinsichtlich ihres Ursprungs in drei Gruppen unterteilt werden.

Durch die mangelnde Entgiftung kann es zu neurologischen Symptomen wie Depression, Drangwandern, Ataxie (= Störung der Bewegungskoordination) oder Blindheit kommen. Diese Symptome treten verstärkt nach der Nahrungsaufnahme auf und werden als Hepatoencephalopathie (Krankheit des Gehirns, die durch die Leber hervorgerufen wird) bezeichnet. Vor allem durch fleischhaltige Nahrung gelangen durch den hohen Gehalt an Eiweiß und dessen Abbau im Darm großen Mengen von Giftstoffen in das Blut, die von der Leber nicht herausgefiltert werden können. Bei fleischreduzierter Fütterung zeigt sich daher bei betroffenen Tieren meist sofort eine Besserung der Symptome, was als Hinweis auf einen Lebershunt gedeutet werden kann.

Eine gestörte Leberfunktion ruft Magen-Darm-Symptome wie Erbrechen, Durchfall, Appetitlosigkeit und Abmagerung in unterschiedlicher Intensität hervor. Insbesondere bei Katzen kommt es zu stark vermehrtem Speichelfluss. Weiterhin kann es zu Harnwegs-Symptomen kommen. Dazu gehören vermehrtes Trinken, häufiges Urinieren, Harnwegsinfekte und Harnsteine.

Von einem Shunt betroffene Tiere zeigen häufig Wachstumsverzögerungen und eine geringe Muskelentwicklung. Als Welpen sind sie meist die kleinsten des Wurfes.

Diagnose

Nach einer eingehenden klinischen Untersuchung und einem ausführlichen Vorbericht erhält dein Tierarzt erste Hinweise auf einen Lebershunt, er kann jedoch zu diesem Zeitpunkt nur eine Verdachtsdiagnose stellen. Zur weiteren Diagnostik ist die Blutuntersuchung sehr wichtig, da die Veränderungen verschiedener Parameter weitere wertvolle Informationen über einen potentiellen Lebershunt liefern. Um eine zweifelsfreie Diagnose stellen zu können, sind jedoch bildgebende Verfahren unerlässlich. Bevorzugt werden Ultraschall und Computertomografie durchgeführt, sie gelten als der „Gold-Standard“ in der Diagnostik.

Ultraschalluntersuchung Hund
Mit Hilfe einer Ultraschalluntersuchung kann der PSS diagnostiziert werden
Behandlung

Mit Hilfe einer Eiweiß-reduzierten Diät und speziellen Medikamenten können die klinischen Symptome deutlich gebessert werden. Eine alleinige medikamentöse Behandlung kann jedoch das Fortschreiten der Erkrankung und die damit verbundene Schädigung der Leber nicht aufhalten.

Das Ziel eines operativen Eingriffs ist der Verschluss des Verbindungs- oder Shuntgefäßes. Um die, an einen geringen Blutfluss gewöhnte Leber nicht zu überfordern, muss die Schließung schrittweise, manchmal in zwei aufeinanderfolgenden Operationen erfolgen. Durch den Einsatz eines speziellen Implantates kann ein langsamer Verschluss des Shuntgefäßes erzielt werden, so dass in vielen Fällen auf eine zweite Operation verzichtet werden kann und auch weniger Komplikationen auftreten.

Eine weitere Möglichkeit der Therapie ist die sogenannte Embolisation, der Verschluss des Gefäßes von innen heraus. Hierbei wird über einen Katheter, der über eine Beinvene mittels Führdraht eingesetzt wird, eine kleine Drahtspirale (= Coil) in das Shuntgefäß eingebracht. An dieser Spirale befinden sich spezielle Fasern, die eine Blutgerinnung hervorrufen, wodurch das Gefäß langsam verschlossen wird.

Prognose

Wenn das Shuntgefäß in der Operation erfolgreich verschlossen werden kann, bestehen gute Aussichten auf eine vollständige Heilung. Nach durchschnittlich zwei bis vier Monaten hat sich die unterentwickelte Leber wieder erholt und kann ihre Stoffwechselfunktionen wieder voll wahrnehmen. Futteraufnahme und körperliche Entwicklung betroffener Tiere normalisieren sich, die Lebenserwartung entspricht wieder der nicht erkrankter Tiere.