Zahnfraktur - was nun?

Zahnfrakturen kommen beim Hund relativ häufig vor und entstehen meistens infolge des Spiels mit Steinen oder Stöckchen, bei Beißereien oder durch Unfälle. Dabei kann es zu kleinen, scharfkantigen Zahnschmelz-Absplitterungen bis hin zu größeren Defekten mit Eröffnung der Pulpa (= Nerv und Blutgefäße) kommen. Ist die Pulpahöhle eröffnet, sollte der Zahn schnellstmöglich behandelt werden, um die Infektionsgefahr einzudämmen und den Zahn zu erhalten. Betroffen sind vorrangig die Schneidezähne, die Eckzähne und der Reißzahn. Junge Hunde sind besonders gefährdet, da sich ihre Zähne noch im Aufbau befinden und daher deutlich instabiler sind als die erwachsener Hunde.

INHALT
Zahnaufbau Symptome Diagnose Behandlung Prognose
Zahnaufbau

Um zu verstehen, was bei einer Zahnfraktur passiert, soll der allgemeine Aufbau des Zahnes kurz erläutert werden. Der Hundezahn setzt sich ähnlich wie beim Menschen aus den drei Substanzen Zement, Dentin und Schmelz zusammen. Zement ist eine knochenähnliche Substanz, die das Zahnfach im Kieferknochen auskleidet und die Zahnwurzel umschließt. Er gehört zum Halteapparat des Zahnes und ist verantwortlich für die Verankerung des Zahnes im Zahnfach.

Der sichtbare, oberhalb des Zahnfleisches liegende Anteil des Zahnes besteht zum einen aus dem innen liegenden, schmerzempfindlichen Dentin, und zum anderen aus dem schmerzunempfindlichen Zahnschmelz. Der Schmelz ist die härteste Substanz des Körpers, kann jedoch bei Schädigungen nicht vom Körper regeneriert werden. Im Inneren des Zahnes liegt die Pulpa, ein Geflecht aus Nerven und Blutgefäßen, welches über den Wurzelkanal versorgt wird. Von den Zellen der Pulpa wird zeitlebens neues Dentin gebildet.

Schema Hundezahn
1 Zahnkrone | 2 Zahnhals | 3 Zahnwurzel | 4 Zahnschmelz | 5 Dentin | 6 Zahnfleisch | 7 Pulpa | 8 Blutgefäße (blau/rot) und Nerv (gelb)
Symptome

Im Fall leichter Absplitterungen mit nicht eröffneter Pulpahöhle zeigen die Hunde meistens gar keine Symptome. Der abgebrochene Zahn wird häufig nur durch Zufall oder bei einer Routine-Untersuchung beim Tierarzt entdeckt. Wurde die Pulpahöhle durch eine Fraktur eröffnet, können unterschiedlich stark ausgeprägte Krankheitsanzeichen auftreten. Zu den eher unspezifischen Symptomen gehören vermehrte Zungenbewegungen, Speicheln, Appetitlosigkeit, einseitiges Kauen, sowie Aggressivität und reduzierte Spiellust. In schwerwiegenden Fällen können jedoch auch starke Blutungen, Schwellungen und deutliche Schmerzreaktionen im Bereich des betroffenen Zahnes und des Kiefers auftreten.

Ein verletzter Zahn mit eröffneter Pulpahöhle gilt als zahnmedizinischer Notfall, der schnellstmöglich von einem tiermedizinischen Zahnspezialisten untersucht und behandelt werden sollte, um eine Infektion und letztendlich den Verlust des Zahnes zu verhindern. Ältere Frakturen stellen keinen akuten Notfall mehr da, müssen aber auch fachmännisch behandelt werden. Bleiben diese Frakturen lange unentdeckt, da der Hund sich scheinbar an die Schmerzen gewöhnt sind am Zahn selber nur minimale Verfärbungen zu erkennen. Über die eröffnete Pulpahöhle können jedoch Keime in das Innere des Zahnes eindringen und dort eine Pulpitis (= Entzündung der Pulpa) hervorrufen. Im weiteren Verlauf kann daraus eine Pulpanekrose (= Absterben des Nervs) entstehen, die auf umliegendes Weichteil- und Knochengewebe übergreifen kann. Gelangen die Keime ins Blut, können sie sich im Organismus ausbreiten und weitere Organe schädigen.

Hundegebiss
Ein abgebrochener Zahn mit eröffneter Pulpa sollte schnellstmöglich behandelt werden
Diagnose

Je nach Lage und Ausmaß der Fraktur kann der Tierarzt diese bereits im Rahmen seiner klinischen Untersuchung in Verbindung mit einem ausführlichen Vorbericht diagnostizieren. Eine weiterführende Röntgenuntersuchung empfiehlt sich jedoch immer, um auch Frakturen, die unterhalb des Zahnfleisches im Bereich der Zahnwurzel liegen und Ausmaß und eventuelle Schäden am Kieferknochen darzustellen zu können.

Behandlung

Ist die Pulpahöhle nicht eröffnet und nur ein kleiner Teil des Zahnes abgesplittert, besteht keine Infektionsgefahr und die Behandlung beschränkt sich auf das Abschleifen und Polieren des verletzten Zahnes. Bei frischen Frakturen mit eröffnetem Wurzelkanal kann der Tierarzt den Zahn mit Hilfe einer Füllung am Leben erhalten. Unter Narkose wird dabei der obere Teil der Pulpa entfernt und der Zahn mit einer Füllung keimdicht verschlossen. Durch diese Behandlung werden die Dentin-bildenden Zellen angeregt neues Dentin zu bilden, das die empfindliche Pulpa zusätzlich schützt und den Zahn stabilisiert. Diese Behandlung ist jedoch bis maximal 72 Stunden nach der Verletzung und nur bei nicht infizierter Pulpa möglich. Auch das Alter des Hundes spielt eine entscheidende Rolle, da nur bei Hunden von bis zu zwei Jahren noch ein Dickenwachstum des Dentins stattfindet und diese Behandlung damit überhaupt ermöglicht.

Sind die Frakturen älter und die Pulpa bereits infiziert oder abgestorben, kann eine komplette Wurzelkanalbehandlung durchgeführt werden, um den Zahn zu erhalten. Auch diese Behandlung muss in Narkose durchgeführt werden. Dabei wird der gesamte Pulpainhalt entfernt, die Pulpahöhle gereinigt und vollständig aufgefüllt.

Sollte sich auf der Röntgenaufnahme ein bereits angegriffener Kieferknochen dargestellt haben, liegt die Verletzung des Zahnes vermutlich schon länger zurück. Eine Wurzelbehandlung ist in diesem Stadium nicht mehr möglich, der betreffende Zahn muss gezogen werden.

Prognose

Die Heilungsaussichten richten sich nach dem Zeitpunkt der Diagnose und Behandlung einer Fraktur. Bei frühzeitigem Eingreifen können der Zahn und seine volle Funktionsfähigkeit erhalten werden. Je später mit der Behandlung begonnen wird, desto höher ist das Risiko von Infektionen und Knochenschäden, wodurch sich die Prognose erheblich verschlechtern kann.