Störungen der Blutgerinnung – selten, aber lebensbedrohlich

Auch unter Tieren gibt es "Bluter": Tiere mit Blutgerinnungsstörungen. Diese sind entweder angeboren oder entstehen durch eine andere Grunderkrankung. Sie kommen bei Tieren selten vor, sind aber bei größeren Verletzungen schnell lebensbedrohlich.

INHALT
Blutstillung und Blutgerinnung Ursachen Symptome Diagnose Behandlung Prognose Prophylaxe
Blutstillung und Blutgerinnung

Um bei einer Verletzung den Blutverlust zu begrenzen, bilden sich in den Blutgefäßen Thromben (=Blutgerinnsel). Dabei ist das Zusammenspiel zwischen gerinnungsfördernden und gerinnungshemmenden Faktoren wichtig. Es darf weder zu einer schwerwiegenden Blutung noch zu einer überschießenden Gerinnung kommen. Beides wäre schnell lebensgefährlich.

Wird ein Blutgefäß verletzt, zieht sich dieses zuallererst zusammen. Der dadurch verlangsamte Blutfluss aktiviert das Anheften von Thrombozyten (=Blutplättchen). Es entsteht eine dünne Abdeckung der Wunde. An diese heften sich weitere Thrombozyten an. Mit Fibrinogen (=im Blut lösliches Eiweiß, Vorläufer von Fibrin) zusammen bilden sie ein Netz. So entsteht ein erster weißer Thrombus. Die Blutung ist dadurch nach ein bis drei Minuten gestillt. Die eigentliche Blutgerinnung braucht dann weitere sechs bis zehn Minuten. Aus Fibrinogen entsteht Fibrin. Es bildet sich ein festes Fasernetz, in das sich zusätzlich Erythrozyten (=rote Blutkörperchen) einlagern. Der rote Thrombus entsteht.

Ist das Blutgefäß verheilt, wird der Thrombus wieder abgebaut. Dafür spalten Enzyme das Fibrin, so dass er sich auflöst.

Ursachen

Zu den selten vorkommenden, angeborenen Gerinnungsstörungen gehören die Hämophilie und die von-Willebrand-Erkrankung. Betroffene Tiere produzieren bestimmte Gerinnungsfaktoren nicht oder nicht ausreichend. Beim Hund sind vermehrt Labradore, Rhodesian Ridgebacks, Havaneser (Hämophilie) sowie Dobermänner, Scotch Terrier und Shelties (von-Willebrand-Erkrankung) betroffen. Beim Pferd sind es Quarter Horses und Vollblüter. Bei Katzen sind vererbte Gerinnungsstörungen bisher wenig bekannt.

Bei schweren Erkrankungen mit hochgradigen Entzündungsreaktionen kann es zu einem vollständigen Verbrauch der Thrombozyten und Gerinnungsfaktoren kommen. Diese Verbrauchskoagulopathie oder auch disseminierte intravasale Koagulopathie (=DIC) kann entstehen bei:

  • Großflächigen Gewebsnekrosen (=Absterben von Gewebe), beispielsweise durch Verbrennungen
  • Hitzschlag (siehe entsprechender Artikel)
  • Tumoren
  • Blutvergiftung
  • Lebererkrankungen (siehe entsprechende Artikel)
  • Vergiftungen (siehe entsprechende Artikel)
  • Magen-Darm-Erkrankungen wie Darmentzündungen, Darmverdrehung beim Pferd (siehe Artikel Kolik) oder Magendrehung beim Hund (siehe entsprechender Artikel)
  • Fohlenseptikämie (siehe entsprechender Artikel)

Lebererkrankungen können zusätzlich zu einer gestörten Bildung von gerinnungsfördernden und gerinnungshemmenden Faktoren führen.

Eine Thromozytopenie (=zu geringe Anzahl der Thrombozyten) führt ebenfalls zu einer Störung der Gerinnung. Es werden entweder zu wenig Thrombozyten im Knochenmark gebildet oder sie werden durch eine Grunderkrankung vermehrt verbraucht beziehungsweise zerstört. Eine Thrombozytopenie ist häufig ein Zufallsbefund bei einer Blutuntersuchung.

Eine Cumarinvergiftung durch Rattengift oder auch Ruchgras und süßen Klee führt zu einer verminderten Gerinnung. Bei Medikamenten wie Heparin ist dies auch der Fall.

Symptome

Die folgenden Anzeichen deuten auf eine Gerinnungsstörung hin:

  • Haut- oder Schleimhaut-Blutungen
  • Petechien (=punktförmige Einblutungen)
  • Hämatome (=Blutergüsse)
  • Durch Blutbeimengungen schwarz gefärbter Kot
  • Nasenbluten

Ist die Gerinnungshemmung gestört, kommt es zu einer vermehrten Bildung von Thromben. Die Symptome hängen davon ab, welches Blutgefäß betroffen ist. Der nachgelagerte Bereich wird nicht mehr oder nicht mehr ausreichend durchblutet. So kommen beispielsweise Lahmheiten der Hintergliedmaßen vor, wenn die Hauptschlagader betroffen ist. Bei einer Lungenembolie (=Verstopfung eines Blutgefäßes der Lunge) entsteht Atemnot.

Diagnose

Nach deinem Vorbericht von auffälligen Blutungen und/oder Hämatomen und einer allgemeinen Untersuchung wird deinem Tier Blut abgenommen. Neben einem Blutbild mit Bestimmung der Thrombozytenzahl werden verschiedene Gerinnungstests durchgeführt sowie einzelne Gerinnungsfaktoren gemessen.

Beim Hund gibt es für verschiedene Erkrankungen und einige Rassen Gentests.

Behandlung

Besteht eine Grunderkrankung, wird diese behandelt. Eine angeborene Gerinnungsstörung ist nicht heilbar. Es gibt jedoch wichtige Vorsichtsmaßnahmen. Operationen sollten nur durchgeführt werden, wenn sie unbedingt notwendig sind. Medikamente, die die Gerinnung zusätzlich herabsetzen, dürfen nicht eingesetzt werden. Auch Injektionen sollten auf das Nötigste beschränkt und mit möglichst kleinen Nadeln vorgenommen werden.

Ist eine Operation dringend notwendig, werden spezielle Medikamente verabreicht. Mit sorgfältiger Blutstillung, dichtem Wundverschluss und Nutzen von Gewebekleber anstelle von Nähten werden Blutungen so weit wie möglich vermieden. Für ein paar Tage nach der Operation bleibt ein gepolsterter Druckverband angelegt.

Treten stärkere Blutungen auf, ist teils eine Blutplasma- oder Bluttransfusion (siehe entsprechender Artikel) nötig. Es kommt auch Thrombozyten- beziehungsweise Gerinnungsfaktoren-Konzentrat zum Einsatz.

Blutspendebeutel
Bei schwerwiegenden Blutungen ist eine Bluttransfusion nötig.
Prognose

Die Prognose ist abhängig von der Ursache und Schwere der Gerinnungsstörung. Milde Formen werden meist gar nicht bemerkt. Bleiben jedoch stärkere Gerinnungsstörungen unentdeckt, sind sie potenziell lebensgefährlich. Bei einer DIC ist die Prognose trotz Behandlung vorsichtig bis schlecht. Die Überlebenschance liegt bei 40 Prozent. Tiere mit schwer verlaufendem Typ der von-Willebrand-Erkrankung erreichen das Ende des ersten Lebensjahres meist nicht. Oft versterben sie schon im Mutterleib.

Prophylaxe

Tiere mit vererbten Gerinnungsstörungen müssen unbedingt von der Zucht ausgeschlossen werden. Genetische Tests sind hier nützlich.

Bei Tieren mit Gerinnungsstörungen ist das Vermeiden von Verletzungen die wichtigste Vorsorge. Vermeide beispielsweise bei deinem Hund zu raues Spiel. Durch regelmäßige tierärztliche Kontrolluntersuchungen kann der Gesundheitszustand des Tieres im Auge behalten und auf Blutungssymptome frühzeitig reagiert werden.