Rotz - warum ist diese Seuche so gefährlich?

Rotz, oft auch als Hautrotz oder Hautwurm bezeichnet, gehört zu den am längsten bekannten Erkrankungen des Pferdes. Es handelt sich dabei um eine bakterielle, seuchenhaft auftretende Infektionskrankheit, die durch eitrige Haut- und Schleimhautgeschwüre und einen meist chronischen Verlauf gekennzeichnet ist. Während die Erkrankung in Asien, Afrika und Südamerika noch verbreitet ist, gilt sie in Deutschland bereits seit 1956 als ausgerottet, obwohl sie im Jahr 2015 zum ersten Mal wieder bei einem Pferd festgestellt wurde. Aufgrund der Gefahr auch für den Menschen ist die Erkrankung nach wie vor meldepflichtig.

INHALT
Ursache und Übertragung Verlauf und Symptome Diagnose Behandlung Prognose Prophylaxe
Ursache und Übertragung

Auslöser der Erkrankung ist ein stäbchenförmiges Bakterium namens Burkholderia mallei. Der Erreger wird durch direkten oder indirekten Kontakt mit infizierten Pferden übertragen. Alle Körperflüssigkeiten sind potenziell infektiös und können auch indirekt über Einstreu, Futter oder Wasser auf Rachen- oder Darmschleimhäute übertragen werden. Auch offene Wunden können eine Eintrittspforte für das Bakterium darstellen. Nach der Vermehrung in den nahegelegenen Lymphknoten kann sich der Erreger über das Blut- oder Lymphgefäßsystem im Körper verbreiten, meist kommt es zunächst zum Befall der Lunge.

Außerhalb des Organismus ist der Erreger nicht besonders stabil und kann leicht durch Licht, Trockenheit oder handelsübliche Desinfektionsmittel abgetötet werden. In feuchter und dunkler Umgebung kann das Bakterium jedoch etliche Wochen überleben. Der Erreger befällt vorrangig Pferde und Esel, aber auch andere Säugetiere sowie der Mensch können sich mit dem Erreger infizieren. Man spricht daher von einer Zoonose. Aufgrund der Übertragbarkeit auf den Menschen, der Gefährlichkeit und der hohen Ansteckungsfähigkeit gilt der Erreger als biologischer Kampfstoff, der ausschließlich in Laboren besonderer Sicherheitsstufe bearbeitet werden darf.

Verlauf und Symptome

Je nach Virulenz (= krankmachendes Potential) des Erregers kann die Infektion akut, chronisch oder latent (= ohne Symptome) verlaufen. In Abhängigkeit der Lokalisation der Veränderungen wurde früher außerdem zwischen Haut-, Nasen- und Lungenrotz unterschieden. Inzwischen gilt diese Einteilung als überholt, da die unterschiedlichen Formen häufig fließend ineinander übergehen und zum Teil auch parallel auftreten.

Nach einer Inkubationszeit (= Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung) von 3 bis 7 Tagen kommt es zum Auftreten erster Symptome. Im Rahmen der akuten Verlaufsform, die vor allem bei Eseln und Maultieren auftritt, zeigen sich zu Beginn eher unspezifische Symptome wie Schüttelfrost, hohes Fieber, Nasenausfluss und Schleimhautrötungen. Hinzu kommen Lymphknoten- sowie Lymphbahnschwellungen, Abszesse, großflächige eitrige Hautgeschwüre, blutiger Nasenausfluss, eitriger Augenausfluss und Schluckbeschwerden. Die akute Form des Rotzes nimmt einen sehr schnellen Verlauf und führt meist innerhalb weniger Tage durch großflächige Nekrosen (=Absterben von Gewebe), Lungenentzündung und Organversagen zum Tod des Tieres.

Bei chronischem Rotz werden die ersten Symptome aufgrund ihrer deutlich geringeren Ausprägung sehr häufig übersehen. Die Pferde zeigen zu Beginn meist nur immer wiederkehrendes Fieber, Husten und Atembeschwerden. Die Lymphknoten können derb-knotig, aber nicht schmerzhaft geschwollen sein. Im weiteren Verlauf, der sich über Jahre hinziehen kann, können stumpfes Fell, Abmagerung und eine reduzierte Leistungsbereitschaft beobachtet werden. Zusätzlich kommt es häufig auch zu Nasenausfluss und knotigen Veränderungen in der Nasenschleimhaut (= Nasenrotz). Veränderungen an der Haut sind bei der chronischen Form selten, können aber in Form knotiger Geschwüre vorkommen. Im Bereich der Hautgeschwüre kommt es zu einer Verdickung der Lymphknoten und Verhärtung der Lymphgefäße, die sich als strangartige, verdrehte Gebilde unter der Haut abbilden und auch nach außen aufbrechen können. An den Hinterbeinen kann es durch massive Wassereinlagerungen und Entzündungen des Unterhautbindegewebes zu hochgradigen Schwellungen kommen, die als Elephantiasis malleosa bezeichnet werden.

Eine latente Infektion tritt nur bei Tieren mit einem guten Immunstatus auf. Die körpereigene Abwehr des Tieres und der Erreger halten sich die Waage, so dass es zu nahezu keinen Symptomen kommt. Die Infektion ruht, kann jedoch jederzeit durch Schwächung des Abwehrsystems wieder aktiviert werden, so dass latent infizierte Pferde wieder ansteckungsfähige Erreger ausscheiden können.

Schema Rotz Pferdebein
1 Großflächige eitrige Hautgeschwüre | 2 Fellverlust | 3 Aufgebrochene Abszesse | 4 Pferdehintergliedmaße
Diagnose

Bei begründetem Verdacht einer Rotz-Erkrankung muss sofort ein Tierarzt und der zuständige Amtsveterinär verständigt werden, dass es sich um eine meldepflichtige Erkrankung handelt. Der Tierarzt wird eine eingehende allgemeine Untersuchung durchführen und einen ausführlichen Vorbericht erheben. Aufgrund der vielfältigen und zum Großteil sehr unspezifischen Symptome kann er so jedoch höchstens eine Verdachtsdiagnose stellen. Um diese zu bestätigen und andere Erkrankungen abzugrenzen, sind weiterführende labordiagnostische Untersuchungen zwingend erforderlich. Der Erreger kann mit Hilfe unterschiedlicher Methoden direkt oder indirekt nachgewiesen werden.

Behandlung

Die Behandlung an Rotz erkrankter Pferde ist in Ländern, in denen die Erkrankung als ausgerottet gilt, verboten. Infizierte Tiere müssen getötet und sachgerecht entsorgt werden, um zu verhindern, dass sich die Erkrankung weiter ausbreitet. Infizierte Menschen werden mit Antibiotika behandelt, wobei die Wahl des Präparates nicht immer einfach ist, da der Erreger bereits gegen etliche Wirkstoffe resistent ist.

Prognose

Die Prognose akut erkrankter Tiere ist schlecht, da sie entweder nach wenigen Tagen sterben oder nach Diagnosestellung getötet werden müssen. Im Fall chronischer und latenter Verlaufsformen wird die Erkrankung oft jahrelang nicht entdeckt, so dass weitere Tiere angesteckt und sich die Erkrankung unerkannt weiter ausbreiten kann.

Prophylaxe

Deutschland gilt seit 1956 als frei von Rotz. Das deutsche Tierseuchengesetz schreibt vor, dass Tiere aus Ländern, in denen die Erkrankung noch verbreitet ist, nicht nach Deutschland eingeführt werden dürfen, um eine Neueinschleppung des Erregers zu verhindern. In Laboren darf mit dem Erreger des Rotzes nur unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen gearbeitet werden. Bei menschlichem Kontaktverdacht darf in Ausnahmefällen eine antibiotische Therapie durchgeführt werden.