Polysaccharid-Speicher-Myopathie - sind nur Quarter Horses betroffen?

Diese erst in den letzten Jahren entdeckte Muskelerkrankung kommt vorrangig bei Quarter Horses und Kaltblütern vor und ist gekennzeichnet durch die Speicherung von übermäßig viel Glykogen (= in Zellen gespeicherte tierische Stärke) in der Muskulatur des Pferdes. Im Englischen ist sie unter dem Namen Polysaccharide Storage Myopathy (PSSM) bekannt.

INHALT
Ursache, Entstehung und Einteilung Symptome Diagnose Behandlung Prognose
Ursache, Entstehung und Einteilung

Da die Krankheit noch nicht lange bekannt ist, sind auch ihre Ursachen noch nicht vollständig erforscht. Da die Erkrankung zu Beginn nur bei Westernpferden festgestellt wurde, hielt man sie lange Zeit für eine rein rassespezifische Erkrankung. Inzwischen weiß man, dass auch alle anderen Rassen an dieser Stoffwechselstörung leiden können.

Die Muskelzellen erkrankter Tiere zeigen eine erhöhte Insulin-Sensitivität, das heißt, dass deutlich mehr Glukose (= Zucker) aus dem Blut in die Muskelzellen transportiert und als Glykogen gespeichert werden kann. Abbau und Verbrauch des Glykogens laufen normal ab.

Hinsichtlich des Vorkommens und der Erblichkeit können zwei verschiedene Typen der Erkrankung unterschieden werden:

Typ 1:

Diese Form betrifft vor allem stark bemuskelte Pferderassen wie Quarter Horses, Paints, Appaloosas, Haflinger, einige Kaltblutrassen, aber auch Ponys und schwere Warmblüter. Für diesen Typ, der in 90% der Fälle auftritt, wurde eine erbliche Prädisposition (= Veranlagung) nachgewiesen. Mit Hilfe eines Gentests kann inzwischen genau festgestellt werden, inwieweit ein Pferd Träger und Vererber des PSSM-Gens ist. Ein positiver Test besagt jedoch nicht, dass das betroffene Pferd zwangsläufig an PSSM erkrankt, es besteht bei entsprechender Fütterung und Haltung lediglich eine Veranlagung zu erkranken.

Typ 2:

Diese Form der PSSM ist hinsichtlich der genauen Auslöser noch weitgehend unerforscht. Sie tritt in etwa 10% der Fälle bei eher leichten Rassen (Vollblüter, Araber, leichte Warmblüter) auf und eine Erblichkeit konnte bisher nicht nachgewiesen werden.

Symptome

Bei einer kohlenhydrat- und getreidearmen Fütterung können betroffene Pferde lange symptomlos bleiben. Bei erkrankten Tieren findet sich häufig ein hoher Anteil leicht verdaulicher Kohlenhydrate durch zuckerhaltige Futtermittel wie Karotten, Äpfel, Melasse, aufgeschlossenes Getreide oder Ähnliches in der Ration. Aus diesem Grund tritt die Erkrankung häufig erst beim Anreiten junger Pferde auf, wenn dies plötzlich größere Mengen an Kraftfutter erhalten.

Die ersten Krankheitsanzeichen zeigen sich meist bereits 10 Minuten nach Beginn der Bewegung. Erkrankte Pferde verweigern die Bewegung, schwitzen stark und ermüden schnell. In leichten Fällen kann oft nur ein steifer Gang und eine gestreckte Haltung wahrgenommen werden. Schwerere Verläufe sind durch Angstzustände, Muskelkrämpfe und -Verhärtungen oder auch Festliegen in wiederkehrenden Schüben gekennzeichnet. Wird die Bewegung nicht sofort abgebrochen, verschlimmern sich die Symptome bis hin zum Kreuzverschlag (siehe entsprechender Artikel) und Kolik-Symptomen (siehe entsprechender Artikel). Bei starkem Flüssigkeitsverlust kann es auch zu Nierenschäden kommen.

Diagnose

Die allgemeine Untersuchung und ein ausführlicher Vorbericht des Pferdebesitzers können dem Tierarzt bereits wertvolle Hinweise auf die Erkrankungen liefern.

Da das Krankheitsbild jedoch verschiedenen anderen Muskelerkrankungen ähnelt, ist die sichere Diagnose nur mit Hilfe weiterführender Untersuchungen möglich. Im akuten Schub ist eine Blutuntersuchung sinnvoll, da spezielle Muskelenzyme bereits in der Ruhe schon deutlich erhöht sind. Die erneute Blutentnahme nach leichter Trabarbeit zeigt bereits massiv erhöhte Enzymwerte, die zwar einen deutlichen Hinweis auf eine PSSM aber noch keinen eindeutigen Nachweis liefern.

Einzig durch eine Muskelbiopsie (= Entnahme von Muskelgewebe) kann sowohl eine PSSM vom Typ1 als auch vom Typ 2 eindeutig nachgewiesen werden. Die Biopsie kann jedoch keine Erblichkeit nachweisen. Nach der Einfärbung zeigt sich überschüssiges Glykogen in den Muskelfasern als dunkler Bereich. Das Muskelgewebe erkrankter Tiere weist einen 1,5 bis 4-mal so hohen Glykogengehalt auf wie die Muskulatur gesunder Pferde.

Für die PSSM Typ 1 steht seit einiger Zeit ein Gentest zur Verfügung, der jedoch zurzeit nur von einem Labor in Deutschland durchgeführt wird. Der Test weist allerdings nur die erbliche Veranlagung nach und nicht die klinische Erkrankung. In einigen Pferdezuchtverbänden ist dieser Test bereits vorgeschrieben.

Probenentnahme Pferd
Mit Hilfe einer Blutentnahme und einer Muskelbiopsie kann PSSM eindeutig diagnostiziert werden
Behandlung

Bei Auftreten eines akuten Krankheitsschubes sollte die Bewegung des Pferdes sofort abgebrochen, es warm eingedeckt und in eine Box verbracht werden. Bei starken Schmerzen werden schmerzstillende Medikamente verabreicht. Austrocknung und Flüssigkeitsverluste werden zum Schutz der Niere mit entsprechenden Infusionslösungen ausgeglichen. Ein nächster Schritt in der Behandlung eines an PSSM erkrankten Pferdes muss die Futterumstellung sein. Eine fettreiche Diät, die frei von schnell verfügbaren Kohlenhydraten ist, kann die übermäßige Aufnahme von Glukose in die Muskelzellen verhindern.

Prognose

Die Heilungsaussichten sind bei lebenslanger Einhaltung von Fütterungs- und Trainingsregime als günstig zu betrachten. Durch adäquate Futterumstellung und ein zusätzliches regelmäßiges Bewegungstraining können bis zu 90% aller erkrankten Pferde wieder zu ihrer ursprünglichen Leistungsfähigkeit zurückkehren.