Periodische Augenentzündung – wird mein Pferd jetzt blind?

Die periodische Augenentzündung ist seit über 2000 Jahren bekannt und die häufigste beim Pferd auftretende Augenerkrankung. Sie beschreibt eine wiederkehrende Entzündung der mittleren Augenhaut (Uvea: auch Aderhaut genannt) beim Pferd. In der Veterinärmedizin wird daher inzwischen die Bezeichnung „Equine rezidivierende Uveitis“ (kurz: ERU) verwendet. Die Erkrankung tritt wiederholt, anfangs in längeren und später in kürzeren Intervallen auf und kann zu erheblichen Beeinträchtigungen des Sehvermögens führen. Da die betroffenen Pferde oft an dieser Erkrankung erblindeten und man vermutete, dass sie mit den Mondphasen zusammenhing, wurde sie im Volksmund auch als Mondblindheit bezeichnet.

INHALT
Woran erkenne ich eine ERU? Diagnose Wie entsteht die ERU und was sind die Ursachen? Behandlung Prognose Prophylaxe
Woran erkenne ich eine ERU?

Die Symptome variieren sehr stark in Abhängigkeit von der Schwere der Entzündung und werden daher im Anfangsstadium auch oft übersehen. Mit Fortschreiten der Erkrankung steigern sich die Symptome und den Besitzern fällt ein zusammengekniffenes Auge oder ein vermehrter Tränenfluss auf. Da die Abgrenzung zwischen einer eher harmlosen Bindehautentzündung und der schwereren inneren Augenentzündung (die oft auch mit einer Rötung der Bindehaut einhergeht) für den Tierhalter nicht immer einfach ist, sollte bei einem solchen Verdacht immer umgehend ein Tierarzt zu Rate gezogen werden.

Die im Inneren des Auges ablaufenden Entzündungsprozesse führen je nach genauer Lokalisation zu mehr oder weniger intensiven Schmerzen, die jedoch nicht immer gleich stark von jedem Pferd gezeigt werden. Charakteristisch für die ERU ist das wiederkehrende Auftreten, wodurch sie sich von anderen Augenentzündungen mit ähnlichen Symptomen abgrenzt. Zu den typischen Symptomen einer ERU gehören ein vermehrter Tränenfluss, eine starke Lichtscheue, eine Schwellung und Wärme der Augenlider, ein starker Lidkrampf, enggestellte Pupillen und in einigen Fällen auch Schäden an der Hornhaut. Im weiteren Verlauf der Erkrankung können Apathie und Fieber auftreten.

Diagnose

Um eine exakte Diagnose stellen zu können, ist die Vorgeschichte für den Tierarzt von enormer Bedeutung. Nur so kann er eine einfache von einer periodischen Augenentzündung unterscheiden. Zusätzlich zur allgemeinen Untersuchung wird der Tierarzt eine spezielle Augenuntersuchung mittels Augenspiegel durchführen, um das Augeninnere und den Augenhintergrund genauer betrachten zu können. Die Diagnose ist in den meisten Fällen anhand der eindeutigen klinischen Symptome zu stellen. Ein sicherer Nachweis von Leptospiren-Antikörpern gelingt allerdings nur mit Hilfe einer in Kurznarkose durchgeführten Entnahme von Flüssigkeit aus der vorderen Augenkammer. Eine Blutuntersuchung empfiehlt sich in jedem Fall, um Informationen über den allgemeinen Gesundheitsstatus des Pferdes und eventuelle Entzündungsparameter zu erhalten.

Wie entsteht die ERU und was sind die Ursachen?

Die Aderhaut (Uvea) des Pferdeauges ist leider sehr empfänglich für Entzündungen. Aus diesem Grund können verschiedene allgemeine Erkrankungen wie Druse oder andere Atemwegserkrankungen eine Augenentzündung zur Folge haben. Trotz intensiver Forschungsarbeit sind nach wie vor jedoch noch nicht alle Faktoren bekannt, die an der Entstehung der ERU beteiligt sind. Nach neuesten Erkenntnissen kommen die folgenden Faktoren als Auslöser in Frage:

  • Bakterien (Leptospiren, Streptokokken, Coli-Bakterien und andere)
  • Viren (Influenza, Herpes und andere)
  • Parasiten (Toxoplasmen, Würmer)
  • Pilzinfektionen (aus Luftsackmykosen)
  • Verletzungen (direkte und indirekte)
  • Chemische Schädigungen (Gefäßwandschädigung)
  • Allergische Reaktionen
  • Autoimmunerkrankungen
  • Erbliche Veranlagung

Wurden insbesondere die Leptospiren lange als vorrangiger Auslöser der ERU angesehen, wird heute vielmehr davon ausgegangen, dass die Bakterien in erster Linie die Barriere zwischen Blut und Auge (die sogenannte "Blut-Augen-Schranke) durchbrechen und damit zu autoimmunvermittelten Prozessen im Innenauge führen. Der periodische Charakter der Entzündung entsteht durch im Auge verbleibenden Entzündungsprodukte, die bei einem erneuten Kontakt mit dem Antigen ein wiederholtes Entzündungsgeschehen einleiten.

Durch den Entzündungsprozess können zwischen Regenbogenhaut und Linse Verklebungen entstehen, die zusammen mit Entzündungsprodukten, die sich auf dem hinteren Teil der Linse ablagern, zu einer Linsentrübung führen können. Die Entzündung führt auch im Glaskörper zu Trübungen mit membranartigen Einlagerungen, die die Sicht weiter einschränken. Eine verfärbte Regenbogenhaut und Fibrinablagerungen in der vorderen Augenkammer können auch nach der akuten Phase noch vom Tierarzt festgestellt werden. Bereits 4 bis 8 Wochen nach Abklingen des ersten Schubs kann es zur erneuten Entzündung kommen. Die Abstände zwischen den einzelnen Schüben sind anfangs ähnlich, können sich jedoch im weiteren Verlauf auch deutlich verkürzen. Folgeschäden der Entzündungen können die Hornhaut-, Linsen- sowie die Glaskörpertrübung sein, ein erhöhter oder erniedrigter Augeninnendruck und Verklebungen zwischen der Regenbogenhaut und der Linse. Kommt es durch mehrmalige unbehandelte Entzündungsschübe zu einer Ablösung der Netzhaut vom Augenhintergrund führt dies in den meisten Fällen zu einer irreversiblen Erblindung des Pferdes.

Pferd mit Augenentzündung
Hornhauttrübung in Folge einer periodischen Augenentzündung
Behandlung

Im akuten Stadium der Erkrankung erfolgt die konservative, lokale Behandlung des erkrankten Auges. Hierfür werden je nach Grad der Entzündung und der Symptome schmerz- und entzündungshemmende Augensalben oder -tropfen eingesetzt. Pupillenerweiternde Medikamente sind nur dann sinnvoll, wenn auch eine starke Pupillenverengung vorliegt. Kommen diese Präparate zum Einsatz, darf das betreffende Auge in den darauffolgenden Tagen keinem starken Sonnenlicht ausgesetzt werden, da die normale Pupillenreaktion durch die Medikation in den ersten Tagen verhindert wird. Eine dunkle Box oder eine entsprechende Augenmaske bieten Schutz und verhindern, dass durch einen zu starken Lichteinfall die Netzhaut geschädigt werden könnte. Besprich mit deinem Tierarzt, welche Augensalben oder -tropfen im Einzelfall sinnvoll sind und ob auch allgemeine Schmerzmittel oder Entzündungshemmer verabreicht werden müssen.

Rein medikamentös ist die Erkrankung jedoch meist nicht in den Griff zu bekommen. Um eine fortschreitende Schädigung des Auges und neue Entzündungsschübe zu verhindern, besteht die Möglichkeit einer Glaskörperoperation. Die sogenannte "Vitrektomie" bezeichnet die Entfernung des Glaskörperinhalts inklusive aller Entzündungsprodukte und Bakterien und die nachfolgende Auffüllung mit einer Ersatzflüssigkeit. Empfohlen wird diese Operationstechnik nahezu ausschließlich für Leptospiren-bedingte Entzündungen. Die Operation wird in Vollnarkose durchgeführt und wird nur von wenigen darauf spezialisierten Tierärzten durchgeführt. Bestehen noch keine Schädigungen von Linse oder Netzhaut, sind die Erfolgsaussichten dieser Operation sehr gut, da auch die Seefähigkeit durch Entnahme der getrübten Glaskörperinhalts verbessert wird. Nichtsdestotrotz sind jede Operation und jede Narkose immer auch mit Risiken verbunden. Daher wird dein Tierarzt mit dir besprechen, inwieweit eine Operation bei deinem Pferd sinnvoll ist.

Wird eine Glaskörper-Operation aufgrund zu weit fortgeschrittener Schädigung des Auges vom Tierarzt nicht empfohlen, gibt es die Möglichkeit weitere Entzündungsschübe durch die Implantation eines Chemotherapeutikums langfristig zu unterdrücken.

Prognose

Je früher eine Behandlung eingeleitet wird und je weniger die Augen geschädigt sind desto besser sind die Aussichten auf den vollständigen Erhalt der Sehfähigkeit des Auges. Mit Hilfe der Vitrektomie können inzwischen viele von ERU betroffen Pferde vor einem Fortschreiten der Erkrankung geschützt werden. Sind durch die Entzündung bereits irreparable Schäden an Linse oder Netzhaut entstanden, ist die Prognose als sehr schlecht einzustufen und mit einer Erblindung zu rechnen.

Prophylaxe

Aufgrund der vielschichtigen Ursachen der ERU ist eine umfassende Prophylaxe kaum zu erreichen. Ein wichtiger Aspekt in der Gesunderhaltung des Pferdeauges sind aber gute Haltungsbedingungen, gute Futter- und Einstreuqualität und hygienische Tränken. Da Mäuse als Überträger der Leptospiren gelten, ist auch auf eine adäquate Schädlingsbekämpfung im Stall zu achten.

Es empfiehlt sich außerdem regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen durch den Tierarzt bei jedem einzelnen Pferd durchführen zu lassen, um mögliche Veränderungen oder Erkrankungen frühzeitig aufdecken zu können.