Linsenluxation - woran erkenne ich eine verrutschte Linse?

Unter einer Linsenluxation, medizinisch als Luxatio lentis bezeichnet, versteht man eine Erkrankung des Auges, bei der es zur Loslösung und Verlagerung der Linse aus ihrer natürlichen Position kommt. Durch Behinderung des Kammerwasserabflusses kann dieser Zustand schnell zu einer gefährlichen Erhöhung des Augeninnendruckes führen. Wird hier nicht rechtzeitig eingegriffen, droht eine Erblindung.

INHALT
Anatomie und Entstehung Ursache Symptome Diagnose Behandlung Prognose
Anatomie und Entstehung

Zusammen mit der Hornhaut und dem Glaskörper gehört die Linse zu den transparenten Strukturen des Auges, die für die Lichtbrechung und Lichtbündelung zuständig sind. Die Linse ist von einer durchsichtigen Linsenkapsel umgeben und rundherum durch die sogenannten Zonulafasern (= Haltefäden) zwischen Iris (= Regenbogenhaut) und Glaskörper befestigt. Reißen diese Fasern, löst sich die Linse aus ihrer Position und kann sich frei im Auge bewegen. In der Mehrheit der Fälle rutscht die Linse dabei im Auge zwischen Iris und Hornhaut nach vorne und blockiert den Kammerwinkel und damit den Abfluss des Kammerwassers.

Schema Linsenluxation
1 Regenbogenhaut | 2 Gerissene Zonulafasern | 3 In die vordere Augenkammer verschobene Linse mit Kapsel | 4 Intakte Zonulafasern | 5 Ziliarkörper
Ursache

Die Linsenluxation kann unterschiedliche Ursachen haben. Grundsätzlich können primäre von sekundären Linsenluxationen unterschieden werden. Die primäre Linsenluxation (PLL) entsteht durch einen erblich bedingten Defekt der Zonulafasern. Die Haltefäden sind dabei fehlerhaft angelegt und können der natürlichen Belastung nicht dauerhaft standhalten. Betroffen sind vor allem Terrier-Rassen wie etwa Jack Russell Terrier, Welsh Terrier, Jagdterrier, oder Miniature Bullterrier. Die Hunde erkranken in einem Alter von drei bis sechs Jahren, wobei in der Regel beide Augen betroffen sind. Eine sekundäre Linsenluxation (SLL) entsteht als Folge einer zu Grunde liegenden Erkrankung des Auges. Dazu gehören Entzündungen der Regenbogenhaut, schwere Verletzungen des Auges, Grauer Star (= Katarakt -> siehe Text), Grüner Star (= Glaukom -> siehe Text), oder auch Tumoren des Auges.

Symptome

Bei einer primären Linsenluxation sind die ersten Symptome häufig sehr unauffällig und daher für den Besitzer nicht immer leicht zu erkennen. Häufig kommt es zu einem vermehrten Tränenfluss und einer leichten Rötung des Auges. Die Tiere blinzeln vermehrt oder kneifen das Auge zusammen und es kann eine milchige Trübung der Hornhaut festgestellt werden. Diese ersten akuten Symptome können nach einigen Tagen wieder verschwinden und das Auge weitestgehend normal aussehen lassen, weswegen die Erkrankung gelegentlich fehleingeschätzt wird.

Schreitet die Erkrankung weiter fort, kommt es durch die Erhöhung des Augeninnendrucks zu starken Schmerzen, die das Tier auch deutlich zeigt, indem es sich am betroffenen Auge versucht zu reiben oder zu kratzen. Das Auge tränt stark, der Augapfel ist vergrößert und die Pupille ist weitgestellt und reagiert nicht mehr auf Lichteinfall. Das Auge ist sehr empfindlich und schmerzhaft und die Bindehäute sind hochgradig gerötet. Die Tiere sind häufig auch in ihrem Allgemeinbefinden gestört, sie fressen weniger und sind deutlich ruhiger. Die primäre Linsenluxation tritt in der Regel beidseitig auf, wobei zuerst das eine Auge und etwas zeitversetzt auch das zweite Auge erkrankt.

Die sekundäre Linsenluxation wird häufig erst sehr spät diagnostiziert, da die Symptome der auslösenden Grunderkrankung im Vordergrund stehen. Häufig ist das Auge bei Diagnosestellung auch bereits erblindet, so dass sich die Therapie auf die Schmerzbekämpfung beschränkt.

Diagnose

Eine Linsenluxation stellt immer einen akuten Notfall dar, der schnellstmöglich behandelt werden muss. Solltest du einige der oben beschriebenen Symptome bei deinem Tier feststellen, stelle es bitte umgehend bei einem Tierarzt vor. Nach einer ausführlichen Untersuchung des Tieres in Verbindung mit einem detaillierten Vorbericht kann der Tierarzt meist schon eine Verdachtsdiagnose stellen. Mit Hilfe einer speziellen Augenuntersuchung kann dieser Verdacht bestätigt werden.

Behandlung

Je nach Ursache, Dauer und Verlauf der Erkrankung können unterschiedliche Behandlungsmaßnahmen zur Anwendung kommen. Der behandelnde Tierarzt wird das erkrankte Auge zu Beginn meist mit Augensalben oder -tropfen behandeln, um die akute Entzündung im Auge einzudämmen, den Augeninnendruck zu senken und somit die starken Schmerzen zu lindern. Zusätzlich ist das Auge für eine eventuelle Operation vorbereitet.

Bei akuten Beschwerden und einer primären Linsenluxation nach vorne, kann innerhalb der ersten 48 Stunden eine Notfall-Operation durchgeführt werden. Dabei wird das Auge unter einem OP-Mikroskop durch einen großen Hornhautschnitt eröffnet, wodurch die Linse dann entfernt werden kann. Wird dieser chirurgische Eingriff zu spät durchgeführt, können irreversible Schäden oder auch eine Erblindung zurückbleiben. Das Auge ist durch den relativ großen Schnitt in der Hornhaut stark traumatisiert, wodurch es zu Komplikationen wie Netzhautablösungen, Einblutungen ins Auge, Entzündungen oder erhöhtem Augeninnendruck kommen kann.

Das Auge ist nach einem solchen chirurgischen Eingriff noch sehr empfindlich und muss daher weiterhin mit speziellen Augensalben oder -tropfen versorgt werden. Um zu verhindern, dass sich das Tier am Auge kratzt, sollte unbedingt ein Halskragen getragen werden. In den ersten zwei Wochen nach der Operation sollte der Patient weder toben noch wild spielen. Eine weitere Operationsmethode ist die Ultraschall-Zertrümmerung der Linse innerhalb der Kapsel. Diese Methode hat den großen Vorteil, dass sie weitaus weniger invasiv ist und nur zwei kleine Schnitte am Auge notwendig sind. Allerdings kann sie nur bei teilweise luxierter Linse, wie es in vielen Fällen beim Partnerauge der Fall ist, eingesetzt werden.

Bei sekundären Linsenluxationen sollte in erster Linie die zu Grunde liegende Erkrankung diagnostiziert und behandelt werden. Je nach Befund und Prognose wird dein Tierarzt mit dir zusammen die weitere Behandlung besprechen.

Bei Tieren, die nicht mehr operiert werden können oder sollen, kann durch eine lebenslange Gabe spezieller Augentropfen eine Engstellung der Pupille erreicht werden, die dafür sorgt, dass die unbefestigte Linse hinter der Iris im Glaskörperraum stabilisiert wird. Der Erfolg dieser Behandlung hängt jedoch von der konsequenten Verabreichung der Augentropfen ab, da sich die Pupille ohne die Medikamente schnell wieder weitet und die Linse dann nach vorne rutschen und den Kammerwasserabfluss blockieren kann.

Prognose

Die Heilungsaussichten einer Linsenluxation hängen vom Zeitpunkt der Diagnose, der Dauer der Erkrankung und dem Erfolg einer eventuellen Operation ab. Nach der operativen Entfernung der Linse besteht eine günstige Prognose, solange keine Komplikationen auftreten. Knapp die Hälfte aller operierten Patienten hat auch 2,5 Jahre nach der Operation noch ein gutes Sehvermögen. Die beste Prognose besteht für die Tiere, deren Linsen mit Hilfe der Ultraschall-Zertrümmerung entfernt werden. Hier sind nach 2,5 Jahren noch 75% aller operierten Patienten sehend.