Kreuzverschlag - richtig vorbeugen und behandeln

Das Wetter ist schön an diesem Wochenende und du machst einen langen Ausritt mit deinem Pferd. Doch schon zu Beginn der ersten Galoppstrecke macht sich das Pferd plötzlich sehr steif und beginnt ungewöhnlich stark zu schwitzen. Es möchte sich kaum noch bewegen und drückt den Rücken nach unten. Für einen einfachen Muskelkater erscheinen dir diese Anzeichen jedoch zu stark, außerdem hast du doch die letzten Tage gar nichts mit dem Pferd gemacht. Vermeide jede weitere Bewegung des Pferdes und verständige in einem solchen Fall immer umgehend den Tierarzt, denn die oben beschriebenen Symptome sind sehr schmerzhaft und können erste Anzeichen eines Kreuzverschlages sein. Da diese Muskelerkrankung gehäuft auftritt, nachdem die Pferde ein oder mehr Tage bei gleichbleibender Futterration nicht gearbeitet wurden, ist sie auch unter dem Namen „Feiertagskrankheit“ oder „Monday Morning Disease“ bekannt. Allerdings können auch regelmäßig gearbeitete Pferde erkranken. Eine besondere Gefährdung besteht für Jungpferde schwerer Rassen. Zu Zeiten schwer arbeitender Kutsch- und Arbeitspferde war diese Krankheit sehr gefürchtet. Heute tritt sie nur noch vereinzelt auf, meist bei leichtfuttrigen Pferden mit gutem Ernährungszustand.

INHALT
Ursachen und Entstehung Symptome Therapie Prognose Vorbeugen – aber wie?
Ursachen und Entstehung

Es handelt sich beim Kreuzverschlag um eine Stoffwechselstörung. In längeren Ruhephasen mit kohlenhydratreicher Fütterung wird in der Muskultur des Pferdes eine Energiereserve gebildet, das Glykogen. Beginnst du das Pferd jetzt wieder zu bewegen, wird das Glykogen durch die Muskelarbeit mit Hilfe von Sauerstoff abgebaut. Liegt zu viel Glykogen vor, kann nicht genügend Sauerstoff zum Abbau bereitgestellt werden und Abbauprodukte wie Laktat reichern sich im Muskel an. Diese Anreicherung wird bei kühlen Außentemperaturen durch die entstehende Mangeldurchblutung noch verstärkt, da weniger Milchsäuere abtransportiert werden kann. Die Muskulatur übersäuert, verkrampft und im weiteren Verlauf kann es zur Zerstörung der Muskelzellen und Austritt des Muskeleiweiß Myoglobin kommen.

Symptome

Erste Symptome treten bei typischen Verlaufsformen in der ersten viertel Stunde nach Aufnahme der Bewegung auf. Das Pferd beginnt zu zittern, zu schwitzen und zeigt einen steifen Gang oder bewegt sich gar nicht mehr. Der Rücken wird durchgedrückt, die Vorderbeine werden nach vorne, die Hinterbeine weit nach hinten herausgestellt. Diese "Sägebockstellung" ist charakteristisch für den Kreuzverschlag. Wird die Bewegung nicht sofort unterbunden, kann es zum Einknicken in der Hinterhand und zum Sturz des Pferdes kommen. Bei Herzmuskelbeteiligung können eine erhöhte Herzfrequenz und Herzrhythmusstörungen auftreten. Die Rücken-, Kruppen- und Oberschenkelmuskulatur ist stark verhärtet und schmerzhaft. Ein weiteres sehr auffälliges Symptom ist die bräunliche Verfärbung des Urins, die durch den Abbau des Myoglobins entsteht.

Die Erkrankung ist äußerst schmerzhaft für das Tier und bedarf unmittelbarer tierärztlicher Behandlung. Neben der Beurteilung der typischen Symptome stellt die Blutuntersuchung die beste Möglichkeit für den Tierarzt dar, die Diagnose zu bestätigen.

Schema Pferd Muskulatur
1 Großer Rückenmuskel | 2 Lumbodorsale Faszie | 3 Oberschenkelfaszienspanner | 4 Oberflächlicher Kruppenmuskel | 5 Halbsehniger Muskel | 6 Zweiköpfiger Oberschenkelmuskel | 7 Oberschenkelfaszie
Therapie

Die wichtigste Sofortmaßnahme ist die unmittelbare Unterbindung jeglicher Bewegung des betroffenen Pferdes, um eine Verschlechterung des Zustandes zu verhindern. Die Muskulatur kann durch Eindecken und Einreibungen zur verbesserten Durchblutung angeregt werden. So werden die Sauerstoffzufuhr und der Abtransport schädlicher Stoffe unterstützt.

Durch die tierärztliche Behandlung wird versucht eine weitere Muskelschädigung zu verhindern. Dazu werden Stoffwechsel und Nierenfunktion durch Flüssigkeitszufuhr mittels Infusion stabilisiert. Schmerzlindernde und krampflösende Mittel können ebenfalls zum Einsatz kommen. Das genaue Vorgehen wird dein Tierarzt im Einzelfall entscheiden. Erst wenn das Pferd sich wieder in völliger Ruhe befindet, kann es vorsichtig in den Stall geführt oder transportiert werden.

Prognose

Inwieweit es zur kompletten Ausheilung kommt, hängt sehr stark vom Grad und Ausmaß der Erkrankung und insbesondere davon ab, ob die Bewegung des Pferdes beim Auftreten der ersten Symptome sofort abgebrochen wurde. Im leichten Fall und bei sofortiger Behandlung kann schon nach 12 bis 24 Stunden mit einer kompletten Symptomfreiheit ohne Folgeschäden gerechnet werden. Selbst wenn das Tier liegt, nach Behandlung am zweiten oder dritten Tag jedoch allein oder mit Hilfe aufzustehen vermag, besteht eine gute Heilungschance. Ist es zu größeren Muskelschäden gekommen, kann sich die Heilungsphase deutlich in die Länge ziehen. Dabei sind auch unvollständige Heilungen mit Spätfolgen in Form von Muskelatrophien (= Muskelschwund) und Dauerlahmheit möglich. Betroffene Tiere neigen dazu, erneut zu erkranken.

Im äußerst schweren Fall, wenn auch nach drei Tagen keine Aufstehversuche unternommen werden, sind die Aussichten auf eine Heilung sehr ungünstig, da bereits ein zu großer Teil der Muskulatur irreparabel geschädigt wurde.

Vorbeugen – aber wie?

Die Häufigkeit der Erkrankung ist in den letzten Jahren durch verbesserte Haltung- und Trainingsbedingungen schon deutlich zurück gegangen. Nichtsdestotrotz sind bestimmte Faktoren bekannt, die die Entstehung eines Kreuzverschlages begünstigen. Was kann ich als Pferdebesitzer also tun, um diese Faktoren abzustellen? Grundlage einer guten Vorsorge ist die bedarfsgerechte Fütterung mit ausreichend Raufutter, die auch bei täglich wechselnder Belastung immer angepasst werden sollte.

Sorge dafür, dass dein Pferd täglich gleichmäßig bewegt wird. Sollte dies doch mal nicht funktionieren, reduziere die Kraftfutterration. Verlange deinem Pferd keinen Marathon ab, wenn es vorher eine längere Trainingspause hatte. Achte immer auf eine ausreichende Aufwärmphase und steigere die Arbeit nur langsam, damit du mit deinem Partner Pferd den nächsten Ausritt unbeschwert genießen kannst!