Einreiten – so wird das Pferd ein Reitpferd

Es ist schon etwas ganz Besonderes, wenn man ein Pferd bereits als Jungpferd oder gar Fohlen kauft. Roh und als richtiges Greenhorn braucht das junge Pferd eine Menge Aufmerksamkeit und Wissen, aber es macht uns Reiter letztlich sehr stolz, den Weg zu einem tollen Reiter-Pferd-Team gemeinsam mit unserem Liebling zu gehen. Jeder Pferdebesitzer mit dem Plan das Pferd selber einzureiten zu wollen, sollte sich aber zuerst kritisch fragen, ob die reiterlichen Fähigkeiten dazu ausreichen und ob man die entsprechende Zeit zur Verfügung hat. In jedem Fall sollte man mit einem Trainer Hand in Hand zusammenarbeiten, um schon bei kleineren Problemen gemeinsam Lösungen zu finden. Schließlich geht es um die Basis, die Vorrausetzung für die weitere Ausbildung des Pferdes ist. Eine andere Möglichkeit ist es, das rohe Pferd zum Einreiten zu einem Profi zu geben, der die nötige Routine und Erfahrung im Anreiten junger Pferde besitzt. Oftmals reichen schon wenige Monate aus und man kann dann das Pferd wieder zu sich holen und gemeinsam mit einem Trainer weiter ausbilden.

INHALT
Das Fohlen-ABC Jung und wild und anlongiert Aufsteigen und losreiten
Das Fohlen-ABC

Ist unser Pferd in einer liebevollen Hobbyzucht geboren, ist die Chance, dass es schon öfter Kontakt zum Menschen hatte größer, als wenn es bei einem Züchter mit hunderten von Pferden das Licht der Welt erblickt hat. Außerdem ist es wichtig zu wissen, wie sorgsam mit dem Fohlen umgegangen wurde. Denn die ersten Eindrücke und Kontakte zum Menschen prägen ein Pferd.

Schön ist es, wenn ein Fohlen bereits das Halfter tragen lernt. Wenn es vielleicht neben der Mutter, die Vertrauen zu ihrem Menschen hat, schon am Strick geführt werden kann. Fähigkeiten wie die Hufe zu geben und am ganzen Körper berührt werden zu können, zählen ebenfalls zum Fohlen-ABC.

Jung und wild und anlongiert

Nach der wilden Zeit, die unser Pferd als Jährling und als zweijähriges Pferd in der Herde auf der Weide verbracht hat, beginnt es langsam ernst zu werden. Unser Pferd kennt hoffentlich den Hufschmied, den Tierarzt, ist daran gewöhnt, an einem Halfter geführt zu werden, von uns geputzt zu werden und vielleicht kennt es sogar schon den Anbindeplatz.

Bei Spaziergängen zur Koppel oder über einen Reitplatz konnte es schon die ein oder andere spannende Begegnung außerhalb der Gruppe erleben. Hierbei konnten wir sehen, wie unser Pferd mit ungewohnten Situationen umgeht und welcher Charakter sich uns vielleicht dann in der Arbeit zeigt. Unser Pferd sollte körperlich ausreichend ausgewachsen und nervlich belastbar sein, bevor wir mit dem Einreiten loslegen.

Dreijährig können wir beginnen, unser Pferd an das Equipment zu gewöhnen, mit dem es als Reitpferd konfrontiert wird. Wahrscheinlich kennt es die Halle oder den Platz bereits aus den letzten Wintern. Eine Trense lernt es neu kennen. Diese sollte ordentlich angepasst sein und nicht scheuern oder drücken. Das Gebiss anzunehmen, ist für manche Jungpferde eine kleine Herausforderung. Es empfiehlt sich daher, ein ganz weiches Gebiss zu wählen. Außerdem ist es sinnvoll, vorher das Maul des Pferdes, also seine Zähne, zu kontrollieren. Gibt es Zahnhaken beziehungsweise Wolfszähne, die unter Umständen noch entfernt werden müssen?

Anfangs reicht es, die Trense nur wenige Minuten tragen zu lassen, bis sich eine Normalität für das Pferd einstellt. Das Pferd mit der Trense zu führen, ist dann der nächste Schritt. Parallel kann das junge Tier lernen, an der Longe zu laufen. Es empfiehlt sich, das Longieren in einem Roundpen, einem abgegrenzten Bereich der Reithalle, oder mit einem Helfer in einer größeren Halle zu starten. Dazu genügt es, mit einem Halfter zu beginnen. Später kann die Trense unter dem Halfter sitzen und das Pferd wird weiterhin über das Halfter geführt, bis es sich mehr und mehr ans Gebiss gewöhnt hat.

Ein Longiergurt und ein Unterleger können die ersten Male beim Freilaufen angelegt werden. Wahrscheinlich wird das Pferd bocken (je nach Temperament weniger oder mehr), bis es sich an die Situation und das neue Equipment gewöhnt hat. Daraufhin kann man an der Longe schon mal den Sattel auflegen, damit sich das Pferd an das Gewicht auf dem Rücken gewöhnt.

In einem dritten Schritt können Hilfszügel (sehr weit geschnallt), dafür sorgen, dass das Pferd ein wenig durchs Genick treten muss und langsam in eine Dehnungshaltung gebracht wird. Außerdem wird so der Kontakt zum Pferdemaul trainiert. Hier empfiehlt es sich allerdings, immer mit einem erfahrenen Trainer Rücksprache zu halten.

Wichtig ist, dass jede Trainingseinheit so kurz wie nötig gehalten wird – 30 Minuten sind meist ausreichend – und mit einem positiven Erlebnis für das Pferd beendet wird.

petsXL Sunny auf Steckenpferd
Aufsteigen und losreiten

So ganz einfach ist das mit dem Aufsteigen und Losreiten bei einem jungen, noch nicht eingerittenen Pferd nicht. Vertrauen und eine gute Basisarbeit sind das A und O. Wer viele Pferde einreitet, kann seine Techniken immer weiter verfeinern und auch immer wieder Neues ausprobieren. Jeder Reiter geht dabei anders vor. Der eine geht es gemeinsam mit einem Helfer an, der nächste macht lieber alles alleine. Für das erste Aufsteigen ist ein ruhiger und eng eingegrenzter Bereich empfehlenswert.

Vielleicht arbeitest du das Pferd zuerst an der Doppellonge, bevor du das erste Mal auf ein junges Pferd steigst. Damit kannst du dem Pferd schon fast ein Gefühl von „an den Zügeln gehen“ vermitteln.

Hier ein paar Gedanken zum Vorgehen beim ersten richtigen Ritt:

  • Sicheres Longieren auf beiden Händen mit Sattel und Trense gehört zur guten Vorarbeit.
  • Beim Longieren mit dem Sattel die Bügel einmal bewusst schlackern lassen, damit das Pferd sich daran gewöhnt, etwas an seinem Leib zu spüren.
  • Halle oder Platz sollten keine Gefahr mehr für das Pferd darstellen.
  • Hänge dich leicht seitlich auf den Sattel deines Pferdes, während ein Helfer das Pferd festhält.
  • In der nächsten Phase lass dein Pferd ein paar Schritte, mit dir seitlich im Sattel hängend, rechts und links drehen.
  • Wenn das alles gut funktioniert, setze dich auf das Pferd, lobe es und steige wieder ab. Das wiederholst du mehrere Male.
  • Nachdem das sicher klappt, steige auf das Pferd auf und versuche mit Hilfe eines Helfers, die ersten Runden im Schritt zu absolvieren.
  • Bei gut longierten Pferden (vor allem an der Doppellonge) geht der nächste Schritt oft schneller und du kannst durch Halten und Vortreiben dein Pferd schon gut dirigieren.
  • Jetzt ist der Moment gekommen, frei zu reiten. Natürlich ist es wichtig, dabei immer wieder zu fühlen, wie sich dein Pferd unter dir bewegt, sein Ohrenspiel zu erfassen und zu spüren, ob es sich sicher fühlt und dir vertraut.

Ganz wichtig! "Baustellen" und kritische Situationen sind in der Anreitphase unbedingt zu vermeiden. Die Pferde speichern das Gute und schenken ihrem Reiter Vertrauen. Aber sie vergessen auch erschreckende Eindrücke leider nicht so schnell. Schließlich reiten wir Fluchttiere und Instinkt bleibt Instinkt.

Doch nur Mut. Ein Pferd anzureiten ist eine wundervolle Arbeit. Und es gibt nichts Schöneres, als ein früheres Fohlen nach gelungener Basisarbeit als vertrauensvolles, anmutiges Reitpferd zu erleben.